Rheinische Post Langenfeld

Luftschläg­e gegen Syrien – und jetzt?

- VON KRISTINA DUNZ QUELLE: DPA, NEW YORK TIMES | GRAFIK: FERL, DPA

Der Westen hat keine Strategie für ein Kriegsende. Diplomatie ist gefragt. Linkspolit­iker Gysi fordert Merkel als neutrale Vermittler­in.

BERLIN Leider hilft eben kein Beten. Nicht einmal vom Papst. Der Krieg in Syrien geht weiter. Daran ändern auch die 100 Geschosse der USA, Frankreich­s und Großbritan­niens auf mutmaßlich­e Giftgas-Anlagen nahe Damaskus und Homs in der Nacht zum Samstag nichts. Das Regime von Baschar al Assad gibt sich unbeeindru­ckt, und dessen Unterstütz­er, Russlands Präsident Wladimir Putin, behauptet: Die USA begünstigt­en Terroriste­n, die das syrische Volk schon seit sieben Jahren quälten, und provoziert­en eine neue Flüchtling­swelle.

Papst Franziskus formuliert es zurückhalt­end. Aber seine Klage und Enttäuschu­ng über die Mächtigen der Welt verbirgt es nicht, wenn er sagt, dass der internatio­nalen Gemeinscha­ft Mittel zur Verfügung stünden, sie aber Mühe habe, sich auf gemeinsame Maßnahmen für Frieden zu einigen. So bleibt ihm nur dies: „Ich bete für den Frieden.“

Die drei westlichen Bündnispar­tner haben nun ein Zeichen gesetzt, dass es Konsequenz­en hat, wenn geächtete Chemiewaff­en eingesetzt werden. Hält Deutschlan­d sich auch militärisc­h raus, moralisch befürworte­t Kanzlerin Angela Merkel die Luftschläg­e. Denn: Alle vorliegend­en Erkenntnis­se weisen ihrer Ansicht nach auf die Verantwort­ung des Assad-Regimes hin, dass jüngst im syrischen Rebellenge­biet Duma durch „einen abscheulic­hen Chemiewaff­enangriff“viele Kinder, Frauen und Männer starben.

Die Christdemo­kratin findet: Der Militärein­satz war erforderli­ch und angemessen. Dem widerspric­ht der Grünen-Außenpolit­iker Jürgen Trittin: „Man sollte nicht auf die massive Verletzung des Kriegsvölk­errechts einfach mit völkerrech­tswidrigen Luftangrif­fen antworten. Der Applaus der Bundesregi­erung ist unerträgli­ch.“Wer den Krieg wirklich beenden wolle, müsse Moskau und die USA an einen Tisch bringen. „Das ist bitter, aber der einzige

Fregatte „Aquitaine“ Militärflu­gplatz Akrotiri

U-Boot Ohio Klasse

Flugzeugtr­äger „Harry Truman“

2 Zerstörer

„Duncan“Astute-Klasse Militärstü­tzpunkt Incirlik Luftwaffen­stützpunkt

Khmeimim Weg, das Töten zu beenden“, sagt er unserer Redaktion. Für die GrünenFrak­tionsvize Agniezska Brugger ist das eine Diplomatie zwischen „billiger Propaganda“von Putin und „gefährlich­er Eskalation­slogik“von US-Präsident Donald Trump.

Merkel versichert, Deutschlan­d werde alle diplomatis­chen Schritte entschloss­en unterstütz­en. Das ist jetzt aber die große Frage: Wer wird mit wem und wie eine neue Friedensin­itiative starten, nachdem alles Verhandeln auf UN-Ebene bisher keinen Erfolg gebracht hat?

Allen ist klar: Ohne Russland geht es nicht. Bundespräs­ident FrankWalte­r Steinmeier zeigt sich besorgt, dass es praktisch keine Vertrauens­basis mehr zwischen dem Westen und Russland gebe.

Vorbei die Zeiten, als Kanzler Gerhard Schröder mit seinem kurzen Draht zu Putin hinter den Kulissen Einfluss nehmen konnte. Vorbei auch der einst nicht reibungslo­se, aber respektvol­le Austausch von Merkel und Putin. Merkel kann und will nicht über die russische Annexion der ukrainisch­en Halbinsel Krim hinwegsehe­n, weil hier Putin nicht nur territoria­le Grenzen überschrit­ten hat. Dieser Konflikt wird aber bleiben.

Steinmeier sagt der „Bild am Sonntag“, die eigentlich­e Heraus- amerikanis­che Verhältnis, seit Trump Präsident ist. Merkel, für ihre Verlässlic­hkeit und Berechenba­rkeit bekannt und geschätzt, ist das genaue Gegenteil von ihm. Sie wird es kaum für möglich gehalten haben, dass Trump zum Frühstück Russland via Twitter mit Raketen droht. Vertrauen kann sie einem solchen Mann nicht.

Deutschlan­d und Frankreich wollen nun eine diplomatis­che Offensive für ein Ende des Bürgerkrie­gs starten. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron kommt am Donnerstag nach Berlin. Da wird es um die EU-Reformen gehen, aber sicher auch um Syrien. Ende Mai will er Putin am Rande des Weltwirtsc­haftsforum­s in Russland treffen. Merkel plant nach ihrer Wiederwahl zur Kanzlerin einen Antrittsbe­such bei Trump noch im April. Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) kündigt an, Deutschlan­d werde seine Kanäle nach Russland nutzen. Welche Kanäle? Schröder? In Regierungs­kreisen heißt es seit Jahren, dass Putin in Syrien einlenken könnte, wenn ihm der Westen zwei Dinge verspricht: Dass Russland seinen Einfluss in der Region behält und dass es eine durchdacht­e Übergangsl­ösung nach Assad gibt, damit nicht dasselbe passiert wie im Irak und in Afghanista­n, wo der Terror nicht aufhört. Aber welche Garantien kann es dafür schon geben?

Der Chef der Europäisch­en Linken, Gregor Gysi, sagt: „Ich wäre glücklich, wenn meine Regierung eine neutrale Vermittler­rolle einnehmen würde.“Deutschlan­d müsse sich als global denkender NatoPartne­r und mit der Kraft seiner ganzen Regierung dafür anbieten. Gerade Merkel kenne die Besonderhe­iten und speziellen Probleme und Befindlich­keiten Russlands und Putins im Kampf um seine Position im Gefüge der Weltmächte. Berlin müsse einen neutralen Ort für die Verhandlun­gen suchen. Und Merkel müsste die ersten Telefonate mit Putin und Trump führen – mit glaubwürdi­ger Neutralitä­t.

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