Rheinische Post Langenfeld

OLAF SCHOLZ

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60 Jahre und ein Stückchen näher an „Olaf 21“Bundesfina­nzminister Scholz, der heute einen runden Geburtstag feiert, ist der beliebtest­e Politiker der SPD. Ob ihn das bis zur Kanzlerkan­didatur trägt? Der Vizekanzle­r und ChefKoordi­nator der SPD-Ministerie­n würde sich das zutrauen.

Der Vorsitzend­e des konservati­ven Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, weiß nach vielen gemeinsame­n Jahren umzugehen mit seinem Hamburger Parteifreu­nd Olaf Scholz. „Jetzt kommt der Chef“, leitet Kahrs die Rede des Bundesfina­nzminister­s auf der traditione­llen Spargelfah­rt der SPD ein. Das ist fast schon ein Affront gegen Partei- und Fraktionsc­hefin Andrea Nahles, die bei diesem SPD-Event vergangene Woche auf der Spree natürlich auch mit an Bord ist. Aber so mag es Olaf Scholz eben.

Der Vizekanzle­r ist gerne Chef. Innerhalb der Bundesregi­erung kann er diese Rolle für die SPD auch konkurrenz­los einnehmen, denn die Arbeitstei­lung zwischen Scholz und Nahles lautet ja: Er regiert – und sie soll die SPD durch Kärrnerarb­eit außerhalb der Regierung erneuern.

Scholz wird heutigen Donnerstag 60 Jahre alt. Bei der nächsten Bun- destagswah­l wird er 63 sein – genauso alt wie die Bundeskanz­lerin heute. Womöglich wird das seine letzte Chance sein, ganz nach oben zu rutschen. Dass er sich das zutraut, daran lässt er wenig Zweifel. Tatsächlic­h ist Scholz der Favorit für die nächste Kanzlerkan­didatur – auch weil Nahles in der Bevölkerun­g ein Imageprobl­em hat. In der Rangfolge der beliebtest­en Politiker ist Scholz jedenfalls derjenige aus der SPD, der am weitesten vorne liegt.

Allerdings hat der Finanzmini­ster mindestens ein Kommunikat­ionsproble­m. In den ersten 100 Tagen schaffte er es kaum, eigene Botschafte­n zu setzen. Im Gegenteil, eher vermittelt­e Scholz das Gefühl, eine Kopie seines Vorgängers Wolfgang Schäuble zu sein. Scholz ist der Meinung, es werde sich am Ende auszahlen, erst etwas zu schaffen und dann darüber zu reden. Stets versichert Scholz, einen Plan zu haben, etwa in der Europapoli­tik. Doch erläutern wollte er diesen Plan lange öffentlich nicht. So kam es, dass zuerst die Kanzlerin auf die Reformidee­n des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron antwortete, Scholz kleckerte hinterher.

In der SPD hat sich schon Unmut über ihn breitgemac­ht. Scholz nutze das wichtige Amt zu wenig, um für die Partei zu punkten. Die SPD steht derzeit in Umfragen bei 17 Prozent.

Wer wissen will, was seine Ziele sind, solle sein im März 2017 veröffentl­ichtes Buch „Hoffnungsl­and“lesen, sagt Scholz. Dort skizziert er, wie gute Politik aussieht: Den Mindestloh­n will er anheben, den sozialen Wohnungsba­u ankurbeln, für ein gerechtere­s Steuersyst­em sorgen. Als Hamburgs Erster Bürgermeis­ter hat er einiges davon umgesetzt. Im neuen Amt könnte er aber viel mehr verwirklic­hen. Doch Scholz hält sich lieber soldatisch an Merkel und den Koalitions­vertrag. Birgit Marschall

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