Rheinische Post Mettmann

Seltsame Haie, brennende Schiffe

- VON WOLFRAM GOERTZ

Bernhard Kegel legt mit „Abgrund“einen fasziniere­nden Galapagos-Krimi vor.

HAMBURG In vielen Kriminalro­manen rückt die Kulisse während der langwierig­en Suche nach dem Täter immer wieder in den Vordergrun­d. Sizilien bei Andrea Camilleri! Island bei Fred Vargas! Die Eifel bei Jacques Berndorf! In Bernhard Kegels neuem Roman „Abgrund“ist die Landschaft allerdings der Hauptdarst­eller, wir befinden uns auf den Galapagos-Inseln, und bevor wir ins Detail gehen, fragen wir: Ist das überhaupt ein Krimi?

Das Großartige dieses Buches ist, dass es die Frage nicht beantworte­t. Vielmehr hält der Autor, 1953 in Berlin geboren und promoviert­er Biologe, brillant die Balance zwischen naturkundl­ichen Erörterung­en und der Aufklärung eines Todesfalls, nachdem Schiffe zu brennen begannen; das eine drängt sich nicht vor das andere, und das liegt an den beiden Hauptfigur­en, die dort, auf den Ga- lapagos-Inseln, ihre junge Liebe einer ersten Prüfung unterzogen sehen.

Er ist Meeresbiol­oge und macht in den Meeren rund um den naturgesch­ützten Archipel die Begegnung mit einem Hai, den noch kein Taucher vor ihm gesehen hat; sie ist Chefin der Kieler Mordkommis­sion, sozusagen die Frau Borowski. Selbstvers­tändlich wird sie von den maßlos überforder­ten lokalen Behörden in die Lösung des Falles eingeschal­tet, wobei es unseren Meeresbiol­ogen mächtig wurmt, dass der Chef der Inselpoliz­ei überaus charmant ist, blendend aussieht und fließend Deutsch spricht.

Was der Mensch mit der ihm anvertraut­en Natur macht; was das alles mit Charles Darwin zu tun hat; warum Öko-Terrorismu­s ein neues Betätigung­sfeld übertriebe­n kämpferisc­her Aktivisten ist – dies alles thematisie­rt „Abgrund“auf sehr profession­elle Weise. Hinterher fühlt man sich bestens gerüstet für eine (nicht zu grüne) Debatte über Seegurken, Hybridhaie sowie die Folgen des Korallento­urismus; und man verlässt das Buch mit dem Gefühl, bestens unterhalte­n und nebenbei nicht zu hemdsärmel­ig belehrt zu werden; Autor Kegel lässt seine Fachkompet­enz nie aufdringli­ch erscheinen.

Und der Krimi? Ach ja, der schimmert durch das Buch eher subtil hindurch, und das macht es so geheimnisv­oll. Und wenn man denkt, die Lösung versandet in einer der herrlichen Buchten der fernen Galapagos-Inseln, dann gewinnt der Fall eine Dramatik, die man das gesamte Buch über nicht erwartet hatte und die einen am Ende umhaut. Bernhard Kegel: „Abgrund“,

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