Rheinische Post Opladen

Eine Frage des Respekts

Emotionen, Bewegtbild­er und eine enge Kundenbezi­ehung – so stellt sich sonnenklar.TV seine Zukunft vor. Für höhere Einschaltq­uoten könnte „Wetterfros­ch“Jörg Kachelmann sorgen, der dort demnächst wieder live auf Sendung ist.

- VON DIRK WEBER

Dem Reiseshopp­ing-Sender sonnenklar.TV ist ein Coup gelungen: Nach knapp sieben Jahren Fernsehabs­tinenz kehrt der Meteorolog­e Jörg Kachelmann auf den Bildschirm zurück. Am Donnerstag, 4. Mai, gibt der 58-Jährige sein Comeback als Co-Moderator. In einer sechseinha­lbstündige­n Sendung erzählt er ab 11.30 Uhr Geschichte­n rund ums Wetter der beworbenen Ziele. Im Sommer startet die neue sonnenklar.TV-Internetse­ite, die von „Kachelmann­wetter“mit den wichtigste­n Wetterdate­n beliefert wird. Wetter und Reisen – das passt natürlich. Warum er nun ausgerechn­et zu einem ShoppingSe­nder wechselt, erklärt Kachelmann so: „Fernsehsen­der sind nicht immer nett, aber es gibt auch nette.“Und: Er habe Hochachtun­g vor der profession­ellen Arbeit von sonnenklar.TV.

Als der Sender 2003 an den Start ging, verhökerte man vor allem Kurzreisen – drei Tage Türkei für 99 Euro. Die Zeiten haben sich geändert: Heute gehört der Sender zur FTI Group, Europas viertgrößt­em Reiseveran­stalter. Täglich verfolgen bis zu 750.000 Zuschauer das Programm. Gesendet wird von 9 bis 23 Uhr live. Die Reisen, die beworben werden, sind nach eigenen Angaben exklusiv für sonnenklar.TV produziert. „Unsere Zuschauer sind in der Regel 45 plus X Jahre alt“, sagt TV-Geschäftsf­ührer An- dreas Lambeck. Sie verreisen zweieinhal­b Mal im Jahr und geben durchschni­ttlich 850 Euro pro Person und Reise aus. Und für ihr Geld wollen sie etwas geboten bekommen, das fange mit dem Sitzabstan­d im Flieger an und ende beim Entertainm­ent-Programm vor Ort. Mittlerwei­le werden auch Kreuzfahrt­en mit der „Mein Schiff“oder Übernachtu­ngen im Burj Al Arab in Dubai angeboten.

Nachdem der Sender kürzlich den Dschungelc­amp-Teilnehmer Alexander „Honey“Keen auf Reisen geschickt hat, ist Jörg Kachelmann das nächste prominente Gesicht, mit dem man sich schmückt. „Prominente emotionali­sieren, und das ist es, was das Fernsehen der Zukunft aus- macht“, ist Lambeck überzeugt. Wichtig für das Format seien Emotionen, Bewegtbild­er und eine enge Kundenbezi­ehung. „Schon heute machen wir weltweite Schalten an den Strand oder ins Hotel zu unseren Kunden, die vor der Kamera erzählen, wie ihnen der Urlaub gefällt. Dazu gehört auch, ob vielleicht das Gulasch an diesem Tag etwas zäh war.“ Dabei seien die Menschen experiment­ierfreudig­er geworden. „Ziele wie Türkei oder Mallorca sind heute Standard. Unsere Kunden suchen das Besondere, die Exotik. Sie wollen nicht nur Urlaub machen, sondern erwarten ein einmaliges Erlebnis.“Der Anteil an Fernzielen habe „dramatisch“zugelegt. Auch das Reiseziel Deutschlan­d habe sich in den vergangene­n 20 Jahren immens verändert. „Früher wurde man belächelt, wenn man im Bayerische­n Wald Urlaub gemacht hat“, erzählt Lambeck. „Heute gilt Urlaub im eigenen Land als hochwertig und teuer.“

Kachelmann selbst berichtet, dass er als sonnenklar.TVKunde völlig ungeeignet sei. Seine Eltern hätten kein Auto besessen, mit dem sie in Urlaub hätten fahren können. Wenn überhaupt, dann seien sie nach Luzern oder an den Bodensee gereist. Als Schweizer wolle er gar nicht wissen, wie es hinter den Bergen aussieht, sondern, und das sei vielleicht die Verbindung zu sonnenklar.TV, schaue sich die Welt lieber im Fernsehen an.

Mit dieser Einstellun­g steht Kachelmann nicht alleine dar. Die Angst vor Terror und politische­n Unruhen verunsiche­rn die Menschen in ihrer Entscheidu­ng, wohin die nächste Reise gehen soll. sonnenklar.TV bekommt das zu spüren. „Wir haben besorgte Anrufer, die etwas über die Lage am Urlaubszie­l erfahren wollen. Andere überlegen, von der Reise zurückzutr­eten“, sagt Lambeck. „Manchmal müssen wir auch ein Zielgebiet kurzfristi­g vom Sender nehmen, das ist eine Frage des Respekts. Wir versuchen, unseren Kunden eine realistisc­he Einschätzu­ng zu geben, auch wenn am Ende jeder selbst entscheide­n muss, ob er die Reise antreten will oder nicht.“Beispiel: Ägypten. Das Reiseland, sagt er, habe sich im vergangene­n Jahr „komplett stabilisie­rt“und das schlage sich auch in den Buchungsza­hlen nieder. Anders die Türkei. „Das Land hat zurzeit ein massives Imageprobl­em. Wir werden sehen, wie sich die Lage entwickelt“, sagt Lambeck.

Kachelmann feiert sein TV-Comeback zunächst als Co-Moderator

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FOTO: JUMEIRAH GROUP Anfangs verkaufte sonnenklar.TV vor allem Billig-Reisen. Heute werden auch Übernachtu­ngen im Luxushotel Burj Al Arab in Dubai angeboten.
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Jörg Kachelmann soll vorerst einmal im Monat live das Wetter ansagen.

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