Rheinische Post Opladen

Markus Söder – Held und Bösewicht

Mit einer Mischung aus wuchtigem Machtwille­n und Schläue ist der CSU-Politiker zum Landeschef in Bayern aufgestieg­en.

- VON REINHOLD MICHELS

Das Buch der beiden Münchner Journalist­en Roman Deininger und Uwe Ritzer über den derzeit dominantes­ten und interessan­testen Politiker Bayerns ist nicht fix zusammenge­schrieben aus Anlass der vorläufig letzten Stufe, die der brennend ehrgeizige Homo politicus maximus Markus Söder auf seiner Karrierele­iter genommen hat. Die beiden Autoren der „Süddeutsch­en Zeitung“sind aus berufsbedi­ngter Nähe zu Söders Wirkungsst­ätten und aus ihrer im Buch offenbarte­n Lust zur Gründlichk­eit sowohl dem Menschen Markus Söder als auch dessen Aufsteiger-Vita bis hin zum „schönsten politische­n Amt auf der Welt“(Söders Idol Franz Josef Strauß über den Posten des bayerische­n Ministerpr­äsidenten) gerecht geworden.

Jemandem gerecht zu werden, erfordert differenzi­ertes Schreiben, das Herausarbe­iten von Stärken und Schwächen des Porträtier­ten, die Wahrung profession­eller, kühler Distanz, aber auch eine vielleicht klammheiml­iche Bewunderun­g für einen Menschen, den weder seine Fans noch seine Gegner für einen Langweiler oder Durchschni­ttstypen halten.

Söder lässt außer den gänzlich Politikfer­nen niemanden kalt, naturgemäß am wenigsten seine Biografen Deininger und Ritzer. Vergröbern­d ließe sich die Geschichte vom einzelgäng­erischen und begabten Nürnberger Schulbub Markus über den raumforder­nden Beiseitesc­hieber schwächere­r, naiverer Konkurrent­en und Konkurrent­innen auch als Story vom „Held und Bösewicht“präsentier­en. Die Autoren schildern sorgfältig, wie anscheinen­d planvoll der Mann ohne allzuviel enge Freunde, aber mit zahlreiche­n Neidern und wenigen Feinden sich Posten so listig wie hinterlist­ig und robust erkämpft hat und zu sichern wusste. Das fing auf kommunaler Ebene in Nürnberg an, dann als JUChef Bayerns, als junger CSU-Landtagsab­geordneter im Münchner Maximilian­eum, als Erster Parteioffi­zier, sprich Generalsek­retär von CSU-Chef und Ministerpr­äsident Edmund Stoiber, schließlic­h als Staatsmini­ster für Europa, dann Umwelt, dann für Finanzen und Heimat. Dabei sah er diese Ämter stets als Machtposit­ionen, weniger als Fachminist­erien, in denen es vor allem auf Kompetenz ankam. Seine Kompetenz war der Machterwer­b und Machterhal­t.

Dieser politische Leberkäs-Esser und (sehr maßvolle) Champagner- trinker birst vor Fleiß und Willen. Geber- und Nehmerqual­itäten des gebürtigen Franken halten sich die Waage. Kaum jemand beherrscht­e so wie Stoibers „General“den Dreschfleg­el, aber auch kaum jemand steckte derart unbeeindru­ckt die vielen Kinnhaken weg, die ihm verpasst wurden.

An manchen Stellen des Buches erinnert die Aufstiegsg­eschichte des fränkische­n Stürmers und Drängers an den jungen Helmut Kohl, der ähnlich wie Söder mit Wucht, Schläue, eisernem Nützlichke­itsdenken und dem Platz-da-Habitus des Hochgewach­senen alles verdrängte, was im Wege stand.

Die Biografie widmet sich mal ernst, mal humorvoll, nie gehässig dem politische­n Stil (und den Stillosigk­eiten) des neuen Ministerpr­äsidenten von Bayern. Wie dieser seinen ihm in Abneigung verbundene­n Vorgänger Horst Seehofer so nervenstar­k wie skrupelsch­wach von der Lichtung gedrängt hat, ist ein Stück für politische Feinschmec­ker, die aus Erfahrung wissen und akzeptiere­n, dass Politik etwas anderes ist, als wenn „Franziskan­er warme Suppe verteilen“(Franz Josef Strauß). Von Markus Söder wird man noch einiges hören. Auch und gerade deshalb möchte man das Buch über diesen Hartgesott­enen, Ausgekocht­en, Schlitzohr­igen empfehlen.

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FOTO: DPA Der CSU-Politiker Markus Söder bei einer Fernseh-Talkshow.

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