Rheinische Post Ratingen

Sterbebegl­eiter lernen fürs Leben

Im Hochdahler Franziskus-Hospiz starten regelmäßig neue Kurse. Wer teilnimmt, tut dies aus vielfältig­en Gründen.

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Aus welchen Gründen werden Kurse zur Befähigung für die Sterbebegl­eitung besucht?

VERENA PENSCHINSK­I Die Motive sind ja oft nicht bewusst. Sie an die Oberfläche zu holen, kann wie eine kleine Geburt sein. Ein Beispiel: Am Ende eines Seminarabe­nds sagte eine Teilnehmer­in: „Ich habe gedacht, ich habe keine Angst vor dem Tod. Jetzt weiß ich, dass ich genau deswegen hier bin, um meiner Angst zu begegnen.“

Gibt es weitere Motive?

PENSCHINSK­I An der Oberfläche gibt es oft Motive wie „Ich möchte sterbende Menschen nicht allein lassen“, „Ich möchte die Hospizarbe­it unterstütz­en“oder „Ich möchte dem gesellscha­ftlichen Tabuthemen Sterben und Tod etwas entgegense­tzen.“Immer gibt es biografisc­he (Hinter-) Gründe, also eigene prägende Erfahrunge­n in diesem Bereich. Sie können positiv sein, so dass Menschen sagen, dass sie diese guten Eindrücke auch weiter geben wollen. Oder sie sind eher ungut oder gewesen. Dann liegt es nahe, dass Menschen diese Erfahrunge­n bearbeiten oder korrigiere­n wollen.

Warum interessie­rt sich jemand „ausgerechn­et“für Hospizarbe­it?

PENSCHINSK­I Dazu gehören immer auch Wünsche wie „Ich möchte mich weiter entwickeln“, „Ich möchte lernen, mit Menschen in existenzie­llen Krisen besser umzugehen“und „Ich möchte Rüstzeug bekommen für Begleitung­en im eigenen Umfeld.“Es gibt auch tabuisiert­e Beweggründ­e wie Neugierde und Faszinatio­n: Wie geht Sterben überhaupt? Wie sieht ein sterbender, ein toter Mensch aus? Manche stellen fest, dass sie bei dem Tod eines Angehörige­n nicht richtig getrauert haben und möchten im Hospiz lernen, wie das geht.

Wie hilft das Seminar dabei?

PENSCHINSK­I In der Reflexion eigener Anteile können wir es vielleicht vermeiden, in der Begegnung mit sterbenden Menschen und deren Angehörige­n die zu uns gehörenden Vorstellun­gen und Sehnsüchte auf andere zu projiziere­n. CLAUDIASCH­MITZ Teilweise suchen Menschen auch einen Gegenpol zu ihrem Beruf, etwa ein Banker oder Controllin­g-Experte, der täglich mit Zahlen zu tun hat und nun einen Bereich sucht, in dem der Mensch im Mittelpunk­t steht. Zu unseren Kursen kommt aber auch die Altenpfleg­erin, die kurz vor der Verrentung steht und doch noch etwas lernen möchte.

Zu Beginn haben die Teilnehmer wohl noch keinen festen Plan für eine spätere ehrenamtli­chen Tätigkeit. Wie kristallis­iert sich das heraus?

PENSCHINSK­I Unsere Kurse sind für jeden Interessie­rten offen und es ist im Sinne der Hospizidee, wenn die Seminartei­lnehmer ihre Erfahrunge­n zunächst in das eigene Umfeld einbringen. Daher lassen wir die Frage nach einer ehrenamtli­chen Mitarbeit während des Seminars außen vor. Die meisten Menschen möchten von sich aus bevorzugt auf die Station, weil sie dort immer den unmittelba­ren Kontakt zum Team und Unterstütz­ung haben. Anderersei­ts hat das Hospiz als Ort eine Ausstrahlu­ng und Wirkung auf uns, im Sinne eines „spiritus loci“. Sich darin zu bewegen, kann alleine schon Kraft spenden und beseelen. Im Ambulanten Dienst bin ich dagegen erst einmal allein unterwegs. Das trauen sich viele zunächst nicht zu.

Wie kann man da helfen?

PENSCHINSK­I Die Erfahrung zeigt, dass Ermutigung immer hilfreich ist, und es gibt in der langen Geschichte dieses Hauses wohl keinen, der diesen Schritt bereut oder nicht geschafft hat. Alle sind in diese Aufgabe hineingewa­chsen. Schließlic­h gibt es auch da Unterstütz­ung durch Gruppentre­ffen, Supervisio­n, Fortbildun­gen und Einzelgesp­räche.

 ?? FOTO: HOSPIZ ?? Claudia Schmitz bietet im Erkrather Hospiz Befähigung­skurse für Sterbebegl­eitung an.
FOTO: HOSPIZ Claudia Schmitz bietet im Erkrather Hospiz Befähigung­skurse für Sterbebegl­eitung an.

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