Rheinische Post Ratingen

Venezuela vor dem Bürgerkrie­g

Der linksextre­me Präsident Nicolás Maduro kann seine Macht nur noch mit Hilfe der Militärs sichern. Das weckt Erinnerung­en an dunkle Zeiten.

- VON TOBIAS KÄUFER

CARACAS Am Morgen danach muss es mal wieder Padrino López richten. Venezuelas Verteidigu­ngsministe­r ruft die Bevölkerun­g auf, Ruhe zu bewahren, und verurteilt den „terroristi­schen Akt“vom Vortag. Es geht um einen mysteriöse­n Hubschraub­erflug. Gesteuert von einem Polizisten und Schauspiel­er namens Oscar Pérez, der sich laut Videobotsc­hafter offenbar als „Krieger Gottes“versteht. Es gelte die Tyrannei Maduros zu beseitigen, ließ er verbreiten.

Der Helikopter, so behauptet es Venezuelas linksextre­mer Präsident Nicolás Maduro, habe über Regierungs­gebäuden Granaten abgeworfen und Schüsse abgefeuert. Verletzte oder gar Tote gab es keine, trotzdem bauscht Maduro das Ereignis zu einem versuchten Staatsstre­ich auf. Das regierungs­treue Staatsfern­sehen darf bei der Spurensich­erung von Einschussl­öchern an einem Baum hautnah dabei sein, Mitarbeite­r des Inlandsgeh­eimdienste­s halten die Pfeile so hin, dass die Kamera alles genau mitbekommt. Für die Regierung steht fest: Terrorismu­s und Putschvers­uch. Die Opposition wittert dagegen eine billige Inszenieru­ng, um noch mehr militärisc­he Gewalt ausüben zu können.

Eigentlich ist die Aufgabe des venezolani­schen Militärs die Verteidigu­ng der Außengrenz­en. Doch in- zwischen sieht die venezolani­sche Regierung den Feind im eigenen Land. Und so wird General Padrino López immer mehr zur Schlüsself­igur in der Krise. Er gilt als treuer Verbündete­r Maduros; wann immer die Unruhen im Land wieder einmal stärker werden, blickt Venezuelas Regierung, aber auch die Opposition auf den mächtigste­n General im Land.

In der venezolani­schen Armee rumort es seit Langem. Immer wieder kommt es zu Verhaftung­en, weil Militärs zu zivilem Ungehorsam aufrufen. Auch an den Armeeangeh­örigen geht nicht spurlos vorbei, was nahezu täglich auf den Straßen des Landes passiert: Mehr als 80 Tote seit Ausbruch der Massenprot­este im April, die Mehrzahl aufseiten der Opposition, aber eben auch in Reihen der Sicherheit­skräfte.

Dazu kommt die katastroph­ale Versorgung­slage, auch in den Kasernen. Und inzwischen dient das Militär als Ersatz-Justiz: 400 Menschen wurden in den letzten Wochen zum Entsetzen von Menschenre­chtsorgani­sationen vor Militärger­ichte gestellt. Das erinnert an die lateinamer­ikanischen Diktaturen aus dem vergangene­n Jahrhunder­t.

Bevor es zu dem spektakulä­ren, aber letztlich harmlosen Hubschraub­erflug kam, hatte Maduro eine unmissvers­tändliche Warnung an die Opposition gerichtet. „Wenn Venezuela in Chaos und Gewalt gestürzt und die bolivarisc­he Revolution zerstört werden soll, werden wir in den Kampf ziehen.“Dann erklärte er sogleich der Demokratie ganz offen den Krieg: „Wenn wir es nicht mit den Stimmen schaffen, dann machen wir es mit Waffen.“

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FOTO :REUTERS Beinahe täglich kommt es auf den Straßen zu Kämpfen zwischen AntiMaduro-Demonstran­ten und dem Militär.

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