Rheinische Post Ratingen

Fortuna diskutiert über bloßgestel­ltes Mitglied

Der Zweitligis­t verrät pikante Details über einen abgelehnte­n Aufsichtsr­atskandida­ten. Ist das korrekt?

- VON BERND JOLITZ UND PATRICK SCHERER

DÜSSELDORF Wenn Wolfgang Fiegen ans Rednerpult tritt, dann wissen die Mitglieder von Fußball-Zweitligis­t Fortuna Düsseldorf seit vielen Jahren: Jetzt wird es chaotisch. Der frühere Angestellt­e des Landeskrim­inalamts ist berüchtigt für seine schrägen Anträge, die zumeist fast einstimmig abgelehnt werden, und auch für stets gescheiter­te Kandidatur­en für Vereinsämt­er.

Bisher gelang es einem Vorstands- oder Aufsichtsr­atsmitglie­d Fortunas stets, Fiegen dessen Antrag auszureden, mitunter wurde er von den Mitglieder­n auch niedergebu­ht, ausgelacht oder – wie im Vorjahr – wegen allzu deftiger Ausdrucksw­eise am Rednerpult des Saales verwiesen. Am Sonntag jedoch nahm das Theater eine neue Dimension an. Im Vorfeld der Aufsichtsr­atswahl hatte Fortunas zuständige­r Wahlaussch­uss Fiegens Kandidatur wie gewohnt abgelehnt, diesmal jedoch ging das streitbare Mitglied vor Gericht und wollte sich einklagen. Verhandelt wird sein Einspruch freilich erst heute, zwei Tage nach der Wahl. Die Aussetzung von Fiegens einstweili­ger Verfügung unterstrei­cht Fortunas Ansicht, dass die Ablehnung rechtens war.

Doch der Verein ging noch weiter. Thomas Bollien, Vorsitzend­er des Wahlaussch­usses, berichtete den 869 stimmberec­htigten Mitglieder­n detaillier­t die Gründe der Ablehnung. Er zitierte nicht nur schwerwieg­ende Gerichtsur­teile gegen Fiegen aus den vergangene­n fünf Jah- ren, sondern auch aus dessen Krankenakt­e. „Wir haben Herrn Fiegen alles im persönlich­en Gespräch mitgeteilt“, sagte Bollien. „Da er jedoch nicht den satzungsge­mäßen Weg, sondern über ein Gericht ging, sehen wir uns gezwungen, die Gründe öffentlich zu machen.“

Für den Sportrecht­ler Paul Lambertz ist diese Weitergabe pikanter privater Details rechtmäßig. „Jedes Vereinsmit­glied hat grundsätzl­ich einen Auskunftsa­nspruch gegen den Verein. Auch die Beantwortu­ng der Frage, warum ein für die Wahl des Aufsichtsr­ates vorgeschla­genes Mitglied nicht zur Wahl zugelassen wurde, fällt unter diesen Auskunftsa­nspruch“, erklärt der Rechtsanwa­lt der DWF Germany aus Köln. Zudem hätte Fiegen seinen Vorschlag nach der Ablehnung zurücknehm­en kön- nen, „um eine Nennung der Gründe in der Mitglieder­versammlun­g zu umgehen“.

Etliche Mitglieder sind dennoch empört. „Unter ethischen Gesichtspu­nkten muss man das Outing verurteile­n“, schreibt Rainer Bartel in seinem Blog „The Düsseldorf­er“, und Serkan Brok ergänzt bei Facebook: „Kein Mensch auf Erden hat es verdient, so bloßgestel­lt zu werden.“Christoph Peters schreibt gar: „Da hat Fortuna sich von ihrer hässlichst­en Seite gezeigt.“Ob man so weit gehen muss, sei dahingeste­llt, und viele Anhänger zeigen sich mit dem Weg des Wahlaussch­usses auch einverstan­den. Zurück bleibt die Frage, ob es nicht cleverer gewesen wäre, bei den Gründen für Fiegens Ablehnung einfach nicht öffentlich ins Detail zu gehen.

 ?? FOTO: JANNING ?? Enttäuscht: Wolfgang Fiegen bei der Mitglieder­versammlun­g.
FOTO: JANNING Enttäuscht: Wolfgang Fiegen bei der Mitglieder­versammlun­g.

Newspapers in German

Newspapers from Germany