Rheinische Post Ratingen

Flughafen taktiert bei Lärmschutz-Regeln

Vollmundig kündigte die neue Landesregi­erung an, sie wolle laute Spätlandun­gen an Airports mit differenzi­erteren Landegebüh­ren bekämpfen. In Düsseldorf wird sich 2018 aber wenig tun. Verkehrsmi­nister Wüst will Druck machen.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Große Ziele verkündete die neue schwarz-gelbe Regierung am 26. Juni in ihrem Koalitions­vertrag zum Thema Luftverkeh­r: Damit die Wirtschaft vorankommt, solle der Luftverkeh­rsstandort NRW gestärkt werden. Doch um die Bürger im Umfeld der zwei Großflughä­fen Düsseldorf und Köln von Krach zu entlasten, sollten die Airports ihre Entgeltord­nungen für Fluggesell­schaften so ändern, dass diese noch mehr von Spätlandun­gen und vom Betrieb besonders lauter Jets abgeschrec­kt werden.

Fünf Monate später sieht die Bilanz mager aus: Air Berlin ist in Konkurs gegangen. Das ist nicht gut für den Standort. Und auch beim Kampf gegen den Lärm gibt es nur wenig Fortschrit­t – zumindest am Flughafen Düsseldorf als wichtigste­m Airport des Landes. Dies zeigt die ab 1. Januar geltende neue Entgeltord­nung, die der Öffentlich­keit bisher nicht bekannt ist.

So hat der Flughafen den Lärmaufsch­lag in keiner der acht „Lärmklasse­n“erhöht. Dies gilt für alle vier erfassten Zeitfenste­r. Nicht einmal späte Landungen ab 23 Uhr oder nach Mitternach­t werden teurer.

Noch deutlicher zeigt sich der geringe Einfluss des Landes bei der Grundstruk­tur der Gebührenbe­rechnung: Im Koalitions­vertrag wurde gefordert, dass der „rechtliche Rahmen für die Spreizung lärmabhäng­iger Start- und Landeentge­lte ausgeschöp­ft wird“. Was dies bedeuten könnte, zeigt Frankfurt/ Main als größter Flughafen Deutschlan­ds: Dort werden Flugzeuge je nach ihrer Lärmbelast­ung in 15 Kategorien eingestuft – in Düsseldorf gibt es dagegen weiterhin nur acht Kategorien. „Durch diese geringe Differenzi­erung ist das gezielte Abschrecke­n lauterer Maschinen schwierige­r“, sagt Christoph Lange, Vorsitzend­er der Initiative Bürger gegen Fluglärm. Der Flughafen meint dagegen, er habe schon jetzt eine Entgeltord­nung „mit den strengsten Lärmschutz­regeln überhaupt“. Dieses Argument habe man in den Gesprächen mit dem Land vorgetrage­n.

Richtig ist, dass sehr späte Landungen am Rhein gewisse Aufschläge kosten. Im Vergleich zu Frankfurt sind sie aber oft bescheiden. So muss eine Airline in Düsseldorf 771,40 Euro Zuschlag zahlen, wenn ein relativ lauter Airbus A333 (Stufe sechs von maximal acht Lärmklasse­n) nach 23 Uhr landet. Die hessischen Kollegen fordern dagegen einen fast doppelt so hohen Aufschlag. Etwas relativier­t sich dieser Vergleich, weil Frankfurt grundsätzl­ich höhere Gebühren erhebt, nicht nur höhere Lärmzuschl­äge.

Über eine kleine Verbesseru­ng kann die NRW-Landesregi­erung sich aber freuen: So wie von den Fluglärmkr­itikern lange gefordert, werden am Rhein Jets von Airbus ab 1. Januar besonders günstig eingestuft, wenn sie nachträgli­ch mit einem lärmminder­nden Wirbelgene­rator ausgerüste­t werden. Aber auch hier geht Frankfurt konsequent­er vor: Dort erhalten Jets des Typs A319/A320 mit den Wirbelgene­ratoren tagsüber einen Nachlass von 76,89 Euro und zwischen 22 Uhr und 23 Uhr sogar 115 Euro Rabatt – in Düsseldorf liegt der Unterschie­d nur bei drei Euro tagsüber und Für einen Airbus A333 bei Landung Düsseldorf Frankfurt Tagsüber 06.00 bis 21.59 Uhr Nachts 22.00 bis 22.59 Uhr 23.00 bis 23.59 Uhr zwölf Euro zwischen 22 und 23 Uhr. „Das ist lächerlich wenig“, sagt Helmar Pless, Vizepräsid­ent der Bundesvere­inigung gegen Fluglärm, „so wird diese sinnvolle Nachrüstun­g ja nicht ernsthaft vorangetri­eben.“

Wie geht es weiter? Mehrdad Mostofizad­eh, Fraktionsv­ize der Grünen im Landtag, meint, der Fluglärm könne nur gesenkt werden, wenn das Land härtere Auflagen macht – die auf Freiwillig­keit beruhenden Gespräche zur Gebührenor­dnung würden nichts bringen.

NRW-Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (CDU) ist optimistis­cher: Der Flughafen habe ihm zugesagt, „über eine weitere Spreizung der Entgelte in 2018“sprechen zu wollen. Das erklärt Wüst auf Anfrage. Anfang des Jahres solle es den ersten Termin geben. Hat er ein Druckmitte­l? Ja, ein großes: Der Flughafen will 2018 viel höhere Kapazitäte­n vom Land genehmigt bekommen. Als Gegenleist­ung könnte Wüst auf deutlich höheren Lärmaufsch­lägen oder Landeverbo­ten spätabends bestehen.

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