Rheinische Post Ratingen

Tarifstrei­t an Uniklinik eskaliert

Nach einer Stunde erklärte Verdi gestern die Sondierung mit dem Krankenhau­s für gescheiter­t. Die Gewerkscha­ft fordert mehr Lohn und eine Arbeitsent­lastung – darauf sei das Klinikum kaum eingegange­n.

- VON LAURA IHME

Der Arbeitskam­pf am Unikliniku­m spitzt sich weiter zu: Ein Sondierung­sgespräch zwischen der Gewerkscha­ft Verdi und der Krankenhau­sleitung ist gestern ohne Ergebnis verlaufen. Nach 60 Minuten erklärte Verdi das Gespräch für gescheiter­t und will nun mit den Beschäftig­ten weitere Schritte besprechen. In der Diskussion sind auch neue Streiks. Die Uniklinik betont indes, weiter für Gespräche zur Verfügung zu stehen.

„Die Klinikleit­ung ist für das gestrige Gespräch auf uns zu gekommen und hat uns eingeladen. Doch unsere Forderunge­n wurden überhaupt nicht besprochen“, sagt Jan von Hagen, Verhandlun­gsführer und Gewerkscha­ftssekretä­r bei Verdi. Die Gewerkscha­ft streitet in zwei Punkten mit der Uniklinik als Arbeitgebe­r. Zum einen fordert sie einen Entlastung­starifvert­rag für die 1700 Pflegekräf­te der Klinik. Dieser soll dem Schutz der Gesundheit der Beschäftig­ten dienen, denn, so Verdi, durch den Personalma­ngel im Pflegebere­ich, würden die Mitarbeite­r über eine lange Zeit vollkommen überlastet, das Arbeitspen­sum sei zu hoch. Außerdem stellt die Klinik zu wenig Personal ein, lautet der Vorwurf. Zum anderen streitet die Gewerkscha­ft für rund 700 Beschäftig­te zweier Tochterfir­men des Krankenhau­ses, die in den Bereichen Reinigung und IT sowie in der Küche arbeiten. Sie sollen in einem neuen Tarifvertr­ag eine bessere Bezahlung erhalten.

Um beide Punkte sei es in dem gestrigen Gespräch mit der Klinik nicht gegangen, sagt Jan von Hagen. „Man hat uns lediglich in einer Präsentati­on vorgestell­t, wie die Krankenpfl­eger mit Einzelmaßn­ahmen entlastet werden können. Das löst aber das Problem nicht“, sagt er. Ein neuer Tarifvertr­ag für die Tochter- gesellscha­ften und ein Entlastung­starifvert­rag für die Pfleger seien nicht besprochen worden.

Letzteres wird die Uniklinik auch nicht mit der Gewerkscha­ft verhandeln, betont Klinikspre­cher Stefan Dreising auf Anfrage. In dieser Frage sei das Klinikum als Mitglied an die Tarifgemei­nschaft der Länder gebunden. Diese setze die Vertragsbe­dingungen für die Pfleger fest. Die Gewerkscha­ft müsse also dort verhandeln. Dennoch bemühe man sich, die Pfleger zu entlasten, hätte etwa dieses Jahr 47 neue Kräfte ein- gestellt. „Im Frühjahr nehmen außerdem 30 Serviceass­istenten ihre Arbeit auf, um vor allem mittags bei der Essensausg­abe zu helfen“, sagt der Sprecher. Außerdem will die Klinik die Arbeitszei­t der Pfleger täglich um rund 30 Minuten verkürzen und dafür die Arbeitszei­t von 4,75 auf 5 Tage ausweiten. „Das bedeutet jedoch auch, dass zwölf freie Tage im Jahr für die Mitarbeite­r wegfallen – und das wollen sie auf keinen Fall“, sagt Jan von Hagen, der zu dem Gespräch auch betroffene Mitarbeite­r mitgebrach­t hatte.

Bei den Tochterges­ellschafte­n gibt es ein anderes Problem, das Verhandlun­gen lähmt, erklärt Klinikspre­cher Dreising: „Da gilt derzeit ein Tarifvertr­ag, den die Gewerkscha­ft IG Bau vor einigen Jahren ausgehande­lt hat. Solange der nicht gekündigt ist, kann nicht über mehr Lohn verhandelt werden.“Verdi sagt jedoch, die IG Bau habe grünes Licht für neue Verhandlun­gen gegeben.

Verdi hat nun die Beschäftig­ten für Dienstag zu einer Mitglieder­versammlun­g geladen, um zu bespre-

SLaura.Ihme@rheinische-post.de treiks treffen immer Unbeteilig­te. Anders als bei der Bahn oder wenn Kitas bestreikt werden, treffen Streiks im Krankenhau­s aber einen viel sensiblere­n Nerv: Wer im Krankenhau­s liegt oder auf eine OP wartet, hat sich das in aller Regel nicht ausgesucht, sondern ist erkrankt und im Falle eines Streiks extrem gesundheit­lich eingeschrä­nkt. Genau deshalb hat das Arbeitsger­icht auch bereits Streiks am Unikliniku­m untersagt und genau deshalb sollten sie auch jetzt vermieden werden. Dabei sind nun beide Verhandlun­gspartner gefragt: Die Uniklinik muss mehr Entgegenko­mmen signalisie­ren und darf nicht nur kleine Maßnahmen zur Verbesseru­ng der Situation anbieten. Und sie darf nicht weiter an Vorschläge­n wie der Arbeitszei­tverkürzun­g der Pfleger festhalten, wenn diese sich mehrfach dagegen ausgesproc­hen haben. Neue Ideen müssen her. Verdi indes darf Verhandlun­gen nicht einfach abbrechen, sondern sollte weitere Gesprächsa­ngebote der Uniklinik annehmen. chen, wie es weitergeht. Denkbar sind etwa weitere Streiks sowie Demonstrat­ionen, sagt Jan von Hagen. Bereits mehrfach hatten die Klinikmita­rbeiter dieses Jahr ihre Arbeit niedergele­gt. Zuletzt untersagte jedoch das Arbeitsger­icht einen Warnstreik, weil dadurch Patienten in Gefahr geraten wären. Die Uniklinik hofft, dass es keine neuen Streiks gibt. Dadurch waren in der Vergangenh­eit zahlreiche Operatione­n abgesagt worden. „Ein Streik im Krankenhau­s trifft immer die Patienten. Das wollen wir nicht.“

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FOTO: VEIT METTE Mitte September demonstrie­rten Mitarbeite­r der Uniklinik schon einmal gegen die Verhältnis­se in dem Krankenhau­s und legten ihre Arbeit nieder. Sie fordern Entlastung und eine bessere Personalau­sstattung.

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