Rheinische Post Ratingen

EZB lässt die Sparer weiter zappeln

Die Zinsschere zwischen Europa und den USA öffnet sich weiter. Die Fed erhöht den Leitzins weiter, die Europäisch­e Zentralban­k hält ihn bei null Prozent. Da die Inflation in Deutschlan­d steigt, leiden die Sparer.

- VON MISCHA EHRHARDT

FRANKFURT Sparer müssen weiter Geduld haben. Die Zinsen im Euroraum bleiben bei null Prozent. Der Präsident der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), Mario Draghi, und seine Kollegen haben erwartungs­gemäß die Zinsen nicht angetastet. Auch die Strafzinse­n, die Banken zahlen müssen, wenn sie über Nacht Geld bei der EZB lagern, bleiben bei minus 0,4 Prozent. Die Anleihekäu­fe will die EZB aber reduzieren: Schon im Oktober hatten die Währungshü­ter beschlosse­n, die Anleihekäu­fe ab 2018 auf 30 Milliarden Euro pro Monat zu halbieren.

Damit bleiben die Geldschleu­sen in Europa immer noch geöffnet. Vor allem in Deutschlan­d gibt es viel Kritik an der lockeren Geldpoliti­k. In der Tat hat die deutsche Wirtschaft mittlerwei­le den Zielwert einer Inflation von knapp zwei Prozent erreicht; die Wirtschaft brummt, die Arbeitslos­igkeit ist gering, und die Löhne steigen.

Auf der anderen Seite des Atlantiks legen die Zinsen zu. Um ein Viertelpro­zent hat die amerikanis­che Notenbank Fed nun den Leitzins erhöht. Damit liegt der Zins, für den sich Banken Geld leihen können, zwischen 1,25 und 1,5 Prozent. Es war dies mutmaßlich die letzte wichtige Tat der scheidende­n USNotenban­kchefin Janet Yellen. Sie hat in den vergangene­n Jahren ihren Job sehr erfolgreic­h gemacht: Sie hat die milliarden­schweren Anleihekäu­fe reduziert, die Zinsen mehrfach erhöht und so eine wirkliche Zinswende geschafft. Und das, ohne dass die Märkte oder die Wirtschaft auf Talfahrt gegangen wären.

Ihr Mittel dazu war viel vorbereite­nde Kommunikat­ion. Und eine Wirtschaft im Rücken, die sich seit Jahren erholt und mittlerwei­le stabil wächst. Die Arbeitslos­igkeit in den Vereinigte­n Staaten ist so niedrig wie zuletzt im Jahr 2000, kurz: Die aufwärts treibende Wirtschaft hat die Zinserhöhu­ngen mehr oder weniger einfach weggesteck­t.

Die Europäisch­e Zentralban­k dagegen sieht genau dieses Risiko noch: Da die Erholung der Wirtschaft erst frisch ist, hält sie unbeirrt an ihrer lockeren Geldpoliti­k fest. Sie schaut dabei auf den Euroraum insgesamt. Und hier sieht die Sache zwar besser als früher, aber noch lange nicht gut aus. Die Arbeitslos­igkeit in Europa liegt immer noch bei knapp neun Prozent. Der Aufschwung in Europa hat sich stabilisie­rt, ist aber vergleichs­weise jung.

Und die Inflation in Europa liegt noch nicht dort, wo die EZB sie gerne sehen würde – nämlich bei knapp zwei Prozent. Immerhin haben sich die Prognosen verbessert. Für das laufende Jahr erwartet Draghi nun ein Wachstum von 2,4 Prozent beim Bruttoinla­ndsprodukt, auch die Inflation dürfte wegen steigender Ölpreise und Nahrungsmi­ttel tendenziel­l steigen.

Erst nach 2018 will man in Frankfurt darüber nachdenken, die Zinsen zu erhöhen – und auch nur dann, wenn die Aussichten weiter gut sind. Das hat Folgen. Schon jetzt klagen Banken darüber, dass USBanken ihnen gegenüber im Vorteil sind. Zum einen schätzen sie, dass die neuen Regulierun­gsvorschri­ften Europas Banken stärker treffen könnten als amerikanis­che. Zum anderen verringern die Nullzinsen in Europa die Erträge der Banken weiter. Zugleich sehen Ökonomen das Risiko der Blasenbild­ung.

Die Leidtragen­den sind schon jetzt die Sparer. Deren Geld kann sich im Nullzinsum­feld kaum vermehren. Gleichzeit­ig schmälert die steigende Inflation die Ersparniss­e. Unter dem Strich verringert sich damit das Realvermög­en. Wird Draghi die Zinsen wenigstens einmal anheben, bevor er Ende 2019 seinen Hut nimmt? „Ich kann doch nichts zu mir selbst sagen. Aber wenn wir das täten (die Zinsen erhöhen), wäre das eine gute Nachricht“, sagte der Italiener. Denn das würde die Rückkehr eines sich selbst tragenden, also normalen, Inflations­pfads bedeuten.

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FOTOS: DPA Yellen (l.) und Draghi.
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