Rheinische Post Ratingen

Der Tod mitten im jungen Leben

Die Theatergru­ppe „Only ask Valery!“spielte „2 Uhr 14“in der Kammerspie­len.

- VON CLAUS CLEMENS

Eigentlich müsste diese Uhrzeitang­abe ins Deutsche übersetzt werden. „2 Uhr 14“heißt das Stück von David Paquet. Die Zeitangabe ist am Zwölf-Stunden-Rhythmus orientiert, wie das in der kanadische­n Heimat des Autors üblich ist. Bei uns wäre es 14.14 Uhr, als das geschieht, was der Titel andeutet: Der Amoklauf an einer Schule löscht in Sekundensc­hnelle das Leben junger Menschen aus.

Um dieses Leben geht es in dem Drama, das in der Inszenieru­ng von Michael Stieleke jetzt in den FFTKammers­pielen eine umjubelte Premiere feierte. Die Handlung zoomt in ihr Innenleben als Heranwachs­ende. Es geht um ihre Sehnsucht nach dem Glück, nach Intensität und gleichzeit­ig nach dem Normalsein. Alle wollen das Sonderbare in sich selbst entdecken und lernen, es auszuleben. Gesucht wird ein Platz in der Welt der Er- wachsenen, aber unbedingt ganz individuel­l. Das große Motto lautet daher: nur ja nicht in der Masse aufgehen.

François verliebt sich in eine alte Frau, Berthier kann Mädchen nur als Blinder verkleidet nahekommen, für Denis schmeckt alles nach Sand. Und während Jade versucht, mit Bandwürmer­n abzunehmen, bekämpft Katrina ihre Aggression­en durch ein Tattoo auf ihrem Bauch.

Alle Figuren haben ein Double, eine Art Marionette, die gedanklich­e Experiment­e probehalbe­r durchführt und so das Risiko begrenzt. Alles hätte so weitergehe­n können an dem bestimmten Tag um viertel nach zwei, aber vorher kam der Tod. Was wir auf der Bühne sehen, ist daher das Vorspiel als Nachspiel. Es ist die Erinnerung der Mutter des Attentäter­s an alle Opfer einschließ­lich ihres Sohnes. Sie versammelt am Ende alle Opfer zum gemeinsame­n Line Dance.

Die junge Theatergru­ppe „Only ask Valery!“setzt sich unter Stielekes Leitung mit Theatertex­ten auseinande­r, die ihre Lebenswirk­lichkeit spiegeln. „2 Uhr 14“ist ihre dritte Bühnenarbe­it. Die vielfältig­e Szenenfolg­e dauert 60 Minuten und ist in der Tat eine beeindruck­ende Leistung spielfreud­iger Amateure.

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FOTO: HOFFMANN Szene aus Michael Stielekes Inszenieru­ng am FFT.

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