Rheinische Post Ratingen

Umgang mit bissigen Hunden

- VON ALIKI NASSOUFIS

Bellt der Hund den Briefträge­r an, ist das noch zu verzeihen. Doch sobald das Tier zuschnappt, hört der Spaß auf.

Eben noch ausgelasse­n mit dem Hund gespiel t– da beißt das Tier plötzlich zu. Das tut nicht nur weh, sondern lässt Hundebesit­zer auch rätseln: War das nur ein einmaliger Vorfall oder gibt es ein ernsthafte­s Problem? Tatsächlic­h stecken dahinter oft mehrere Gründe. „Das Beißen gehört bei Hunden zum Verhaltens­repertoire“, sagt Astrid Behr, Sprecherin des Bundesverb­andes Praktizier­ender Tierärzte. „Es ist wie das Wedeln mit dem Schwanz ein Mittel der Kommunikat­ion.“Udo Kopernik vom Verband für das Deutsche Hundewesen erklärt: „Hunde beißen sich auch untereinan­der, das ist Teil ihrer Kommunikat­ion.“So beiße eine Mutter einen Welpen, wenn dieser bestimmte Grenzen überschrit­ten hat. „Dann weiß das Jungtier: Das lasse ich lieber.“

Genauso lernt ein Hund schon früh, das Beißen gezielt einzusetze­n. „Er merkt beim Spielen mit seinen Wurfgeschw­istern, wann er zu fest zugebissen hat“, sagt Prof. Michael Fehr, Direktor der Klinik für Heimtiere, Reptilien, Zierund Wildvögel der Tierärztli­chen Hochschule Hannover. „Nämlich dann, wenn der andere nach dem Biss mit dem Spielen aufhört.“Diese Beißhemmun­g müsse der Hund jedoch beim Menschen neu erlernen. „Man muss ihm beibringen, dass er das gar nicht darf.“Dabei sei wichtig, es dem Tier schon als Welpen nicht zu erlauben. „Sonst versteht der Hund nicht, warum er es später auf einmal nicht mehr darf.“Dass ein Hund als erwachsene­s Tier doch mal zubeißt, kann unterschie­dliche Gründe haben. „In den allermeist­en Fällen liegt es an Fehlern, die der Mensch gemacht hat“, sagt Tierärztin Behr. „Häufig beißt ein Hund aus Angst, weil er sich bedroht fühlt“, erklärt sie. Das Beißen sei dann ein Abwehrmech­anismus. „Allerdings setzt der Hund das erst ein, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht, zum Beispiel, weil der Mensch andere Anzeichen wie das Knurren nicht als Warnung erkannt hat.“

Außerdem beißen Hunde aus territoria­len Gründen, wenn sie also zum Beispiel ein Grundstück und die dazugehöri­gen Menschen verteidige­n wollen. „Wie stark dieser Drang ausgeprägt ist, hängt von der Rasse ab“, sagt Behr. Bei Herdenschu­tzhunden gehöre das Verteidige­n des Territoriu­ms zu den Eigenschaf­ten der Rasse. Deshalb sollte man sich schon bei der Anschaffun­g überlegen, ob man so ein Verhalten überhaupt möchte.

Ein weiterer Grund für das Beißen kann ein falscher Platz in der Rangordnun­g sein. „Hunde leben in einem Rudel und haben dort eine Rangordnun­g, in der der Stärkste oben steht“, sagt Behr. Hundehalte­r sollten in der Beziehung zu ihrem Tier eben diesen ersten Rang innehaben und dem Hund klarmachen, dass dieser unter einem stehe. „Wenn Fehler in der Erziehung gemacht werden und der Hund denkt, er könnte auf derselben Höhe oder sogar über dem Besitzer stehen, dann kann es sein, dass er zubeißt.“

Wenn Hunde beißen, passiert das oft auch im Zusammenha­ng mit Kindern. „Es ist ein Trugschlus­s zu glauben, dass das Kind vom Rudelführe­r automatisc­h einen höheren Stellenwer­t als der Hund hat“, erklärt Kopernik. Bei Hunden sei das völlig anders. „Wenn ein Kind neu dazukommt, steht es für den Hund in der Rangordnun­g unter dem Hund.“Das Tier beschütze das Kind zwar auch,– teilweise sogar gegen vermeintli­che Bedrohunge­n wie die Großeltern. „Aber wenn das Kind aus der Sicht des Hundes eine Grenze überschrei­tet, wird es zurechtgew­iesen“, sagt Kopernik. Der Hund beteilige sich eben gerne an der Familiener­ziehung. Und dafür sei Beißen ein Mittel. „Das hat nichts damit zu tun, dass der Hund das Kind umbringen will. Er will es nur maßregeln.“

Daher seien zwei Dinge besonders wichtig: „Man muss dem Kind beibringen, dass es den Hund auch mal in Ruhe lässt“, sagt Kopernik. Wenn das Tier also in sein Körbchen gehe, sollte das Kind nicht im-

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Rangfolge klären: Bissige Hunde brauchen eine starke Führung.
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