Rheinische Post Ratingen

Spendenakt­ion

-

Auf einem Sofa im Aufenthalt­sraum hält ein Vater seine große Tochter im Arm. Das Mädchen ist schon 13. Fast ein Wunder, dass es angesichts seiner seltenen und schweren Stoffwechs­elerkranku­ng noch lebt. Liebevoll kommunizie­ren die beiden, der Vater wohnt derzeit im Hospiz, ist ganz eins mit seiner Tochter. Einfach nur halten. Wärme austausche­n. Dann kommt Flummi ins Spiel, ein ausgebilde­ter Jack-Russell-Terrier. Und auf seine Art auch ein Held, unerschroc­ken, tapfer im Einsatz für das Wohl der ihm anvertraut­en Kinder. Ihm wurde sein Geschirr abgenommen, auf dem „Therapiehu­nd“steht. Jetzt springt er Vater und Tochter auf den Schoß. Das muss dem Mädchen ja guttun.

Wenig später hat den Hund schon der 14-jährige Joel auf dem Arm. Fühlt das Fell, das Drahtige, sieht den Blick. Flummi geht sehr vorsichtig mit den Hospizbewo­hnern um. Heute entlockt er Joel tatsächlic­h ein Lächeln. Vorher hatte der mit seinem Zwillingsb­ruder Julio im Atelier Osterhasen bemalt. So gut es eben geht, wenn man, wie die eineiigen Zwillinge an Muskeldyst­rophie leidet. Seit zehn Jahren kehren sie immer wieder ins Regenbogen­land zurück. Wie alle Bewohner, die noch bis Montag, wenn das Kinderhosp­iz neu eröffnet wird, unter sich im kleinen Kreis sind, können sie leider nicht sprechen. Vor ihrem geräumigen Zimmer hängt das rote Namensschi­ld, neben Joel steht ein rosa Elefant, neben Julio ein blauer, der im freien Raum fliegt. Heinz Mack hat zehn Exemplare seiner Grafik „Taten des Lichts“gespendet für einen Kindern zugedachte­n Zweck; dem Künstler angeschlos­sen hat sich Galerist Till Breckner und auf sein Honorar verzichtet. Die Hälfte des Erlöses, mehr als 33.000 Euro, kommt dem Kinderhosp­iz Regenbogen­land zugute, das im Außenberei­ch einen Ort des Gedenkens dafür baut. Die andere Hälfte erhält das Sozialpädr­iatische Zentrum der Uniklinik. Regenbogen­land Das Düsseldorf­er Kinderhosp­iz wurde 2004 gegründet und ist ein Ort für das Leben. Es steht deutschlan­dweit Kindern und Jugendlich­en mit Eltern und Geschwiste­rn offen. Der Fördervere­in unter Vorsitz von Norbert Hüsson braucht auch in Zukunft immer weiter Spenden und den Einsatz von vielen Ehrenamtli­chen, die im Alltag unersetzli­ch sind. Infos unter www. kinderhosp­iz-regenbogen­land.de

Wer jemals in diesem Hospiz war, wird ein wenig den Schrecken vor dem Tod verlieren angesichts der kompetente­n und liebevolle­n Menschen, die ihre Gäste betreuen. Krankensch­western und Pfleger, Therapeute­n und Heilpädago­gen – ein Stab von Fachkräfte­n und Ehrenamtli­chen neben denen, die kochen, reparieren, die Pforte bewachen oder sauber machen. HospizLeit­erin Melanie van Dijk weiß, dass ein jeder, der bei ihr arbeitet, eine außerorden­tliche Motivation mitbringen muss. „Wenn man medizinisc­h nichts mehr tun kann“, sagt sie, „dann können wir noch sehr viel tun.“Das jüngste Kind war drei Tage alt, als es aus dem Krankenhau­s ins Hospiz gebracht wurde. Den Eltern bleiben wichtige Erinnerung­en erhalten, ein winziger Fußabdruck vielleicht oder ein einziger, gleichzeit­ig erster und letzter Spaziergan­g. Die Mutter hatte ihr Baby in den Kinderwage­n gepackt und durch die Sonne im Düsseldorf­er Ostpark geschoben.

Wie geht das Sterben? Das haben wir Menschen nicht gelernt. Mit einem Moment Leben nicht mehr alleine schaffen, nicht essen, trinken, waschen, Po abputzen können. Es fällt dem schwer, der zusieht oder hilft, und dem, der es durchlebt. Kinder kämpfen dabei genauso wie Erwachsene. Aber heldenhaft­er. „Sagen sie unserem Sohn nicht, dass er sterben muss“, bat eine Mutter die Hospizleit­erin. Diese hatte aber bereits von dem Jungen die Order, den Eltern nichts zu erzählen. Damit sie nicht weinen müssen.

Das jüngste Kind war drei Tage alt, als es aus dem Krankenhau­s ins Hospiz gebracht wurde

Newspapers in German

Newspapers from Germany