Rheinische Post Viersen

Suche nach der verlorenen Stadt

Altmodisch inszeniert, aber sehr spannend: „Die versunkene Stadt Z“.

- VON RENÉE WIEDER

Percy Fawcett gehört zu diesen Männern, denen das eigene Leben zu klein ist. Sich auszeichne­n will er, etwas bedeuten; gleich anfangs zeigt der Film das mit einer elegant fotografie­rten Treibjagd. Vor den Augen seiner Generäle erlegt der junge Major den kapitalen Hirsch, aber sie ignorieren ihn trotzdem. Es ist das Jahr 1906 im britischen Empire, wo Herkunft noch mehr zählt als Leistung, und Fawcetts Vater war ein Trinker und Spieler. Doch dann gibt die Royal Society Fawcett eine Chance. Im lebensfein­dlichen Dschungel Boliviens soll er den unerforsch­ten Regenwald kartograph­isch vermessen. Fawcett akzeptiert, um den Familienna­men zu sanieren. Und damit seine kluge Frau Nina (Sienna Miller) einen Mann hat, auf den sie stolz sein kann.

Regisseur James Gray („The Immigrant“) erzählt die Geschichte des Forschers Percival Fawcett, der endgültig zum Mythos wurde, als er 1925 auf einer Reise mit seinem Sohn Jack (Tom Holland) spurlos am Amazonas verschwand. Nachdem erst der ausführend­e Produzent Brad Pitt und dann Benedict Cumberbatc­h wieder absprangen, spielt nun der 36-jährige Brite Charlie Hunnam („Crimson Peak“) die Hauptrolle mit Gravitas und nobler Würde. Kein Hauch von Zweifel oder Düsternis umweht diesen strammen Visionär. Der Film selbst nimmt sich kaum weniger ernst.

Aus David Granns SachbuchBe­stseller hätte ein Ridley Scott oder James Cameron wohl einen anderen Film gemacht – tropischen Apocalypse Now-Horror voll aggressive­r Insekten und Reptilien. Gray inszeniert die Geschichte altmodisch als Heldenepos, wie es in den 20erbis 60er Jahren in Hollywood gemacht wurde.

Wochenlang quälen sich Fawcett und sein Adjutant Henry Costin (Robert Pattinson mit Vollbart) auf einem Floß den Amazonas herunter, durch Infektione­n, Hunger und Giftpfeila­ttacken. Eines Tages gräbt Fawcett antikes Tongeschir­r aus der schwarzen Ufererde. Er nennt die Stelle „Z“, überzeugt, eine Stadt gefunden zu haben, vielleicht die Wiege der westlichen Zivilisati­on. Von jetzt an wird er nie wieder an etwas anderes denken als an diesen Ort, sein persönlich­es Atlantis.

Zwei weitere Expedition­en, um die Existenz von Z zu beweisen, die Phasen dazwischen zu Hause bei der Familie, selbst einen zwischenze­itlichen Einsatz im Ersten Weltkrieg breitet Gray in aller Ruhe vor dem Zuschauer aus. Das braucht Geduld, aber die erzähleris­che Sorgfalt muss man bewundern; und Fawcetts Drang nach Ruhm und Wissen, für die er Frau und drei Kinder allein ließ und vermutlich einen grausamen Tod im Dschungel starb, fasziniert auf die gleiche nostalgisc­he Art wie der ganze Film. Die versunkene Stadt Z, USA 2016, Regie: James Gray, mit Charlie Hunnam, Sienna Miller, Tom Holland, Robert Pattinson, 141 Min.

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FOTO: DPA Robert Pattinson (hinten im Boot) auf dem Amazonas.

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