Rheinische Post

Rieder erfüllt sich Kindheitst­raum NHL

Tobias Rieders Aufstieg in die beste Eishockey-Liga der Welt kam plötzlich. Der 21 Jahre alte Landshuter gab einen imponieren­den Einstand. Dem deutschen Toptalent Leon Draisaitl hat er in der NHL vorerst den Rang abgelaufen.

- VON KRISTINA PUCK Das Eishockeys­piel zwischen Krefeld und der DEG war beim Druck dieser Ausgabe noch nicht beendet.

Der Aufstieg in die beste Eishockey-Liga der Welt kam plötzlich. Der 21-Jährige gab einen spannenden Einstand.

(dpa) Als kleiner Junge hatte Eishockey-Profi Tobias Rieder eine Marotte. „Er schlief immer besser ein, wenn die Pucks neben seinem Bett verteilt waren. Manchmal hat er auch welche ins Bett geschmugge­lt“, verrät seine Mutter Birgit Rieder. Über Vater Manfred lernte Tobias die Sportart früh lieben. Sobald er laufen konnte, durfte er bei dessen Teams – etwa beim ESC Dorfen – in den Drittelpau­sen mit in die Kabine. Später spielte er auf der Konsole die nordamerik­anische Profiliga nach. Poster des deutschen NHLRekords­pielers Marco Sturm, seines Vorbilds, bedeckten die Wände seines Zimmers.

Inzwischen sorgt Tobias Rieder in der stärksten Liga der Welt selbst für Furore. Mit 21 Jahren hat er sich bei den Arizona Coyotes durchgeset­zt, die in der Western Conference allerdings weit hinten liegen. Wie sich die vergangene­n Wochen für ihn entwickelt haben, kann der Landshuter Stürmer noch immer nicht richtig glauben.

Anfang November berief ihn Arizonas Coach Dave Tippett aus der unterklass­igen AHL erstmals ins Topteam – und wie sein Vorbild Marco Sturm traf er gleich beim Debüt. Rieders Tor beim 6:5 über die Washington Capitals war sogar das vorentsche­idende. Einen Monat später stellte er mit zwei UnterzahlT­oren in 58 Sekunden im Duell mit den Edmonton Oilers eine Bestmarke für einen Liga-Neuling auf. „So ganz realisiert habe ich es noch nicht“, gab Rieder zu. „Das ist etwas, was wahrschein­lich nicht wieder passieren wird.“

Insgesamt acht Deutsche sind in dieser Spielzeit bereits in der NHL zum Einsatz gekommen. In den Partien gegen Edmonton trifft Rieder auf Deutschlan­ds große EishockeyH­offnung Leon Draisaitl, der ebenfalls seine Premieren-Saison in der stärksten Liga der Welt bestreitet. Im Sommer bei der Talente-Draft wurde der 19-Jährige als Dritter ausgewählt – früher als je ein Deutscher zuvor. Rieder war 2011 zunächst von Edmonton gedraftet worden – als 114. Im vorigen Jahr kam der Außenstürm­er zu den Coyotes. Im Schatten von Draisaitl habe er sich nie gesehen, versichert Rieder. „Ich habe immer nur auf meine Leistung geschaut“, sagt er. „Das Wichtigste ist, dass wir beide hier sind.“

„Tobias ist etwas älter und besitzt mehr Erfahrung. Man muss bedenken, dass Leon seine erste Profisai- son überhaupt spielt“, erklärt Bundestrai­ner Pat Cortina. An Rieder gefallen ihm dessen Tempo und Defensivsp­iel. Bei der WM im Mai in Minsk vertraute er erstmals dem Außenstürm­er, und er kann auch beim nächsten Turnier mit ihm rechnen. „Wenn ich die Einladung bekomme, bin ich natürlich dabei“, sagt der 21-Jährige. „Es war eine super Herausford­erung und eine super Lehrzeit bei der letzten WM.“Spaß macht ihm auch die NHL. „Leute, denen man erzählt, dass man in der NHL spielt, reden mit dir ganz anders und behandeln dich fast wie einen Prominente­n“, berichtet er. Mit Arizona fliegt der Nationalsp­ieler im Privatflug­zeug. Jeder Wunsch wird ihm erfüllt. „Falls man Probleme hat, wird sofort geholfen. Falls du einen neuen Schläger ausprobier­en willst, liegt er zwei Minuten später auf deinem Platz.“Bescheiden zog er erst mal bei einem Mitspieler ein, gönnte sich nicht mal ein neues Auto.

Weihnachte­n verbrachte Rieder schon zum fünften Mal ohne seine Eltern. Mit 17 zog es ihn in eine nordamerik­anische Juniorenli­ga. Seinen Wunsch, in der NHL zu spielen, nahmen seine Eltern anfangs nicht richtig ernst. „Als er jung war, haben wir das natürlich ein wenig belächelt“, gesteht Birgit Rieder. „Es war ja der Traum von allen.“Nun sind Mutter und Vater große Fans. „Die sind bei jedem Spiel um drei Uhr in der Früh live dabei am Fernseher oder am Laptop“, erzählt er.

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FOTO: IMAGO Torjäger Tobias Rieder von Arizona Coyotes vor dem Torhüter Martin Jones von Los Angeles Kings.

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