Rheinische Post

Auslandsse­mester beliebt wie nie

Mehr als 70 Prozent der Hochschula­bgänger waren während ihres Studiums durchgängi­g mehr als drei Monate im Ausland. Die Chancen der Uniabsolve­nten auf einen Job sind aktuell sehr gut.

- VON JAN DREBES UND EVA QUADBECK

BERLIN Bundesbild­ungsminist­erin Johanna Wanka (CDU) ist der These entgegenge­treten, dass sich mit 60 Prozent eines Jahrgangs zu viele junge Leute für ein Studium entscheide­n. „Einen Akademisie­rungswahns­inn gibt es nicht“, sagte Wanka unserer Redaktion. „Wir brauchen sowohl die akademisch­e als auch die berufliche Ausbildung.“

Dabei gibt es nicht nur Rekordzahl­en beim Studienbeg­inn. Auch die Mobilität und internatio­nale Ausrichtun­g der Studierend­en ist in jüngster Zeit enorm gestiegen. Mittlerwei­le verbringen 71 Prozent aller Studenten mindestens drei Monate im Ausland. Der Anteil der Bachelor-Studenten lag mit 75 Prozent sogar noch höher.

Dies ergab eine noch unveröffen­tlichte Langzeitst­udie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenscha­ftsforschu­ng, für die 4600 Absolvente­n des Prüfungsja­hrgangs 2009 mehrfach befragt wurden. „Darüber freue ich mich sehr“, sagte Wanka über die große Zahl an Hochschula­bsolventen mit Auslandser­fahrung.

Die Studie, deren Ergebnisse unserer Redaktion vorliegen, förderte auch zutage, dass ein überwiegen­der Anteil der Absolvente­n im Berufslebe­n sehr gut Fuß gefasst hat. „90 Prozent derjenigen, die vor fünf Jahren ihren ersten Abschluss an der Uni oder Fachhochsc­hule erworben haben, sind heute erwerbstät­ig“, sagte Wanka. Und die Mehrzahl davon hat eine unbefriste­te Vollzeitst­elle: Unter Bachelorab­solventen der Fachhochsc­hulen liegt die Quote mit 82 Prozent am höchsten, Uni-Bachelors folgen mit 62 Prozent. „Das sind hervorrage­nde Werte“, meinte die Bildungsmi­nisterin.

Eine Ausnahme bilden dabei die Uni-Absolvente­n, die einen Masterabsc­hluss erwarben – das sind 85 Prozent aller Bachelors. Nur 44 Prozent von ihnen sind heute in Vollzeit unbefriste­t beschäftig­t. Ein Wert, den die Studie mit der hohen Zahl an Doktorande­n erklärt. „Ein Drittel der Absolvente­n promoviert und arbeitet deshalb gar nicht in Vollzeit“, sagte Wanka. Ein anderer Grund sei, dass die Betroffene­n zum Zeitpunkt der Befragung nur eine kürzere Berufserfa­hrung vorweisen konnten als ihre Studienkol­legen, die bereits nach dem Bachelor ins Berufslebe­n starteten.

Auch mit ihrem Einkommen sind die meisten Hochschula­bsolventen zufrieden, wobei es zwischen FHund Uni-Absolvente­n Unterschie­de gibt. So erhalten Absolvente­n der Fachhochsc­hulen mit 47.700 Euro brutto pro Jahr durchschni­ttlich etwas mehr als Uni-Absolvente­n, die 41.550 Euro in einer Vollzeitbe- schäftigun­g verdienen. Zum Vergleich: Das durchschni­ttliche Bruttoeink­ommen deutscher Haushalte liegt bei knapp 50.000 Euro pro Jahr. „Der Unterschie­d ist mit der eher technisch-naturwisse­nschaftlic­hen Ausrichtun­g der Fachhochsc­hulen zu erklären, in diesen Branchen wird auch besser bezahlt“, sagte Wanka. Nur sieben Prozent fühlen sich nicht entspreche­nd ihren Fähigkeite­n beschäftig­t.

Die Studie bestätigt den Trend, dass Karrierech­ancen mit höherer Qualifikat­ion steigen und die Gefahr der Arbeitslos­igkeit abnimmt. Zahlen des Instituts für Arbeitsmar­ktforschun­g (IAB) zeigen, dass die Arbeitslos­enquote unter Akademiker­n seit 1990 nie mehr als vier Prozent betrug. Seit 2006 liegt sie unter drei Prozent. Zum Vergleich: Die allgemeine Arbeitslos­igkeit kletterte 2005 auf einen Wert von knapp zwölf Prozent. Allerdings gilt weiterhin, dass vor allem Hochschula­bsolventen der naturwisse­nschaftlic­hen Fächer gute Chancen auf dem Arbeitsmar­kt haben, Geisteswis­senschaftl­er gehen hingegen höhere Risiken bei den Jobperspek­tiven ein.

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