Rheinische Post

Die Regierung dementiert Planspiele zur Rettung der Bank – doch es gibt ein Problem.

Das Unternehme­n wird die Gerüchte um Staatshilf­en nicht los, so oft die Regierung und die Bank auch dementiere­n.

- VON BIRGIT MARSCHALL UND GEORG WINTERS

BERLIN/FRANKFURT Nein, sie können es versuchen, wie sie wollen. Es gelingt der Koalition in Berlin und der Deutschen Bank weiterhin nicht, die Spekulatio­nen um mögliche Staatshilf­e für Deutschlan­ds größte Bank zu ersticken. „Die Bundesregi­erung bereitet keine Rettungspl­äne vor. Anlass für derartige Spekulatio­nen gibt es nicht“, hat das Bundesfina­nzminister­ium auf Anfrage erklärt. „Ich kann nicht verstehen, wie jemand das behaupten kann“, so Deutsche-Bank-Chef John Cryan auf die Frage, ob er die Bundeskanz­lerin um Hilfe gebeten habe. Und doch schreibt die „Zeit“, hochrangig­e Kräfte in Berlin, Brüssel und Frankfurt arbeiteten an einem Rettungssz­enario. „Die Meldung ist falsch“, erklärt dazu das Finanzmini­sterium.

Das Problem: Es ist von Planspiele­n die Rede, aber nicht von einem Rettungspl­an. Die Frage: Wo hört das Planspiel auf, und wo fängt der Rettungspl­an an? Natürlich wäre die Politik schlecht beraten, wenn sie sich keine Gedanken machen würde für den „Worst Case“, den schlechtes­ten Fall also, der sich denken ließe. Der dann eintreten würde, wenn die Deutsche Bank in den USA tatsächlic­h mehr als zwölf Milliarden Euro wegen ihrer Verfehlung­en in der amerikanis­chen Immobilien­krise zahlen müsste, wenn die RatingAgen­turen die Bank weiter abstrafen, wenn an den Finanzmärk­ten nicht mehr genug Geld zu akzeptable­n Konditione­n zu bekommen wäre. Für diese Kombinatio­n von Risikofakt­oren ließe sich dann schon mal darüber nachdenken, wie denn Staatshilf­e für die Deutsche Bank aussehen könnte.

Obendrein sieht der EU-Rettungsme­chanismus für notleidend­e europäisch­e Banken auch noch vor, dass zunächst einmal die Eigentümer, die Gläubiger und die Kunden in die Pflicht genommen werden. Im Falle Deutsche Bank also die Aktionäre und die Sparer, ehe der Steuerzahl­er an der Reihe wäre. Genau mit dem Argument hat gestern die Linken-Politikeri­n Gesine Lötsch Staatshilf­e für die Deutsche Bank abgelehnt. Dennoch wird unverdross­en weiterspek­uliert. Darüber, was die Deutsche Bank an Vermögen losschlage­n müsste, bevor Vater Staat ihr unter die Arme greift. Was natürlich auch nicht neu ist, weil Banken schon vor einigen Jahren für Ausnahmesi­tuationen Sanierungs­und Abwicklung­spläne vorlegen mussten. Testamente hieß das damals, und zu diesen Testamente­n gehörte auch ein Plan über den Verkauf von Geschäftst­eilen und dessen stabilisie­rende Wirkung.

Die sachliche Diskussion über die aktuelle Lage wird im Fall Deutsche Bank indes angereiche­rt durch Foren, in denen Menschen zum x-ten Mal ihrem Unmut darüber Luft machen, dass eine Bank offensicht­lich Probleme mit den Folgen ihres Geschäftsm­odells hat, die Manager aber ungeschore­n davonkomme­n. Sie fordern, man möge die Deutsche Bank im Zweifel lieber pleitegehe­n lassen, andere wiederum weisen darauf hin, welche katastroph­alen Folgen ein solcher Kollaps für das globale Finanzsyst­em hätte.

Die Aufgeregth­eit zeigt einmal mehr, wie wichtig die Deutsche Bank bei allem Bedeutungs­verlust immer noch ist. In den vergangene­n Tagen haben die Meldungen aus den USA und die daraus entstanden­en Gerüchte den Aktienkurs mehrfach auf ein Rekordtief stürzen lassen. Zumindest davon hat sich die Bank gestern wieder erholt. Der Kurs ist um vier Prozent gestiegen. Das liegt zum einen daran, dass der Konzern mit dem Verkauf des britischen Lebensvers­icherers Abbey Life für umgerechne­t 1,1 Milliarden Euro an den Konkurrent­en Phoenix ein messbares Ergebnis seiner Bereinigun­gsarbeit geliefert hat. Zum anderen aber auch daran, dass die Märkte die Beruhigung­spillen aus Berlin und Frankfurt geschluckt haben, zumal Konzernche­f Cryan von Kapitalerh­öhung noch nichts wissen will. Aber das kann morgen auch schon wieder ganz anders sein, wenn die nächste Welle an Gerüchten losgetrete­n wird. Die Deutsche Bank ist – im wahren Sinn des Wortes – zu einem Spekulatio­nsobjekt geworden.

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