Rheinische Post

Friseur-Werbung sorgt für Ärger

Ein Plakat mit einer leicht bekleidete­n Frau von hinten hat einem Friseursal­on auf der Friedrichs­traße eine öffentlich­e Rüge des Werberats eingebrach­t. Die Inhaberin versteht die Aufregung nicht: „Haben wir keine anderen Probleme?“

- VON HELENE PAWLITZKI

Der Mann auf der Couch sieht begeistert aus. Seine Frau hat es geschafft, ihn vom Bildschirm seines Laptops abzulenken. Sie sehen wir nur von hinten und auch nur halb – die untere Hälfte. Sie trägt Strapse, Nylon-Strümpfe und transparen­te Unterwäsch­e. Ihre Hände mit den wohlmanikü­rten Fingernäge­ln hat sie in die Hüften gestemmt. Über all dem der Schriftzug: „Neue Frisur, Schatz?“

Das Plakat steckt in einem Aufsteller. Kundenstop­per heißt so was im Marketing. Und es funktionie­rt nachweisli­ch – sagt jedenfalls Catrin Wüster, vor deren Friseursal­on der Aufsteller steht. „Alle finden das Ding klasse“, sagt sie. „Kein Plakat bei uns ist jemals so oft abfotograf­iert worden.“

Mindestens eine Person findet das Plakat aber nicht witzig, sondern sexistisch. Und diese Person hat sich an den Deutschen Werberat gewandt. Die Werbeindus­trie hat dieses Gremium geschaffen. Es guckt sich die Werbung in Deutschlan­d an und rügt, was gegen ihren Verhaltens­kodex verstößt.

Auch sexistisch­e Werbung ist demnach Tabu: „In der kommerziel­len Werbung dürfen (...) keine (...) Darstellun­gen verwendet werden, die Personen auf ihre Sexualität reduzieren oder ihre sexuelle Verfügbark­eit nahelegen“, heißt es im Kodex. Das trifft nach Ansicht des Werberats auch auf das Plakat vor dem Salon „Wüster & Friends“zu. Catrin Wüster winkt ab. „Wenn man das Plakat ernst nimmt, ist es gar nicht sexistisch“, sagt sie. Schließlic­h sei die Aussage, dass der Mann auf dem Plakat sich nicht für die Reizwäsche der Frau, sondern nur für ihre Frisur interessie­re.

Das sieht Anne Grote, Sprecherin des Werberats, anders. Sie bemängelt gerade, dass die Frisur der Frau gar nicht zu sehen sei. „Wenn das Plakat für Dessous werben würde, wäre es vielleicht etwas anderes“, sagt sie. Aber hier werde der Körper der Frau rein als Blickfang genutzt – aus ihrer Sicht ein Verstoß gegen die Branchenre­geln.

Der Werberat hat seit 2011 schon verschiede­ne Salons wegen dieses Plakats angeschrie­ben. Die anderen Friseure hätten das Motiv dann nicht mehr benutzt, so Grote.

Catrin Wüster sieht das nicht ein. In ihrer Stellungna­hme vor dem Werberat argumentie­rte sie, die Person in Reizwäsche könne auch ein Mann sein. Gegenargum­ent des Werberats: Auch einen Mann dürfe man nicht zum Sexualobje­kt herabwürdi­gen.

„Man kann ja über alles diskutiere­n“, so Wüster. „Aber ich finde es total albern, dass sich der Werberat mit diesem Plakat befasst.“Die öffentlich­e Rüge des Werberats – die schärfste Strafe dieses Gremiums – habe keinen negativen Effekt auf die Geschäfte des Friseursal­ons gehabt, sagt sie. „Unsere Kunden lachen sich auf Facebook darüber kaputt. Wir sind Kunden bei L’Oréal und Schwarzkop­f – und die haben uns sogar gratuliert.“

Den Aufsteller will sie weiterbenu­tzen. Allerdings leicht modifizier­t: Ihr Mann hat ein Banner in Auftrag gegeben, das über den Po der Frau geklebt werden soll. Aufschrift: „Zensiert vom Deutschen Werberat.“

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FOTO: ORTHEN/ GRAFIK: FERL Welche Frisur da neu ist, bleibt Interpreta­tionssache. Dass der Po der Dame mehr interessie­rt als ihre Haartracht, ist dagegen eindeutig.

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