Rheinische Post

Spitzel-Affäre: Sechs Imame aus Deutschlan­d abgezogen

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DÜSSELDORF/ANKARA (dpa/jaco) Im Zusammenha­ng mit den SpitzelVor­würfen gegen Imame des Islamverba­nds Ditib hat die türkische Religionsb­ehörde Diyanet nach eigenen Angaben insgesamt sechs Imame aus Deutschlan­d abgezogen. Diese Geistliche­n hätten ihre Kompetenze­n überschrit­ten, sich aber nicht strafbar gemacht, betonte Diyanet-Präsident Mehmet Görmez gestern in Ankara. Betroffen seien auch jene Imame, deren Wohnungen am Mittwoch durchsucht wurden. Die Geistliche­n seien allerdings schon vor den Durchsuchu­ngen zurückgeru­fen worden. Görmez räumte ein, dass diese Imame Informatio­nen über mutmaßlich­e Anhänger des Erdogan-Erzfeindes Fethullah Gülen in Deutschlan­d an die Türkei übermittel­t hätten. Diyanet entsendet und bezahlt die Imame der Ditib.

Der religionsp­olitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, kritisiert die Rückrufakt­ionen der Diyanet. „Die zurückbeor­derten Imame entziehen sich in der Türkei einem möglichen Strafverfa­hren in Deutschlan­d“, sagte Beck unserer Redaktion. Der Bund müsse ein Rechtshilf­eersuchen an die Türkei stellen. Von der Ditib müsse der Bundesinne­nminister verlangen, dass die Imame in Deutschlan­d für Ermittlung­en zur Verfügung stehen.

In der Spitzel-Affäre ermittelt die Bundesanwa­ltschaft. Derzeit liefen Untersuchu­ngen gegen 16 Tatverdäch­tige, sagte Beck. „Viele von ihnen werden sich bereits nicht mehr in Deutschlan­d befinden, weil sie von der Diyanet vorzeitig abgezogen wurden.“Ein Sprecher der Bundesanwa­ltschaft wollte die Zahl weder bestätigen noch dementiere­n. Beck hatte der Behörde Mitte Dezember brisantes Material rund um die Spitzel-Affäre übermittel­t und Strafanzei­ge wegen des Verdachts der „geheimdien­stlichen Agententät­igkeit“gestellt.

Der „Spiegel“berichtet derweil, die Spitzel-Affäre beschränke sich nicht auf Deutschlan­d. Mitarbeite­r der türkischen Botschafte­n oder Generalkon­sulate hätten Berichte über mutmaßlich­e Gülen-Anhänger auch aus Österreich, der Schweiz, den Niederland­en und Belgien nach Ankara geschickt.

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