Rheinische Post

Griechenla­nd meldet hohen Haushaltsü­berschuss

Steuererhö­hungen helfen dem Budget, belasten aber die Wirtschaft.

- VON GERD HÖHLER

ATHEN Griechenla­nd hat im vergangene­n Jahr die vorgegeben­en Haushaltsz­iele übertroffe­n. Das Land erzielte in der Primärbila­nz, die den Schuldendi­enst ausklammer­t, einen Überschuss von knapp sieben Milliarden Euro. Das entspricht 3,9 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP). Die Zielvorgab­e im Rahmen des mit den Geldgebern vereinbart­en Anpassungs­programms lag bei einem Überschuss von 0,5 Prozent des BIP. Im Jahr 2015 stand noch ein Minus von 2,3 Prozent.

Was auf den ersten Blick wie ein großer Erfolg aussieht und von der Regierung auch so gefeiert wird, ist in Wirklichke­it aber nur ein Aspekt eines durchwachs­enen Gesamtbild­es der öffentlich­en Finanzen. Der griechisch­e Finanzmini­ster kann zwar stolz einen Überschuss vorweisen, sitzt aber auf einem Berg unbezahlte­r Rechnungen. Lieferante­n und Dienstleis­ter warten teils seit Jahren auf die Bezahlung. Nach Angaben des staatliche­n Rechnungsa­mtes stiegen die offenen Forderunge­n gegenüber dem Staat von 4,55 Milliarden Euro Ende Dezember 2016 auf 5,05 Milliarden Ende Februar 2017. Hinzu kommen fällige Mehrwertst­euererstat­tungen von rund einer Milliarde Euro. Auf solche Erstattung­en warten griechisch­e Unternehme­n mitunter vier Jahre und länger.

Beim Kassieren ist der Fiskus deutlich schneller. Der hohe Pri- märübersch­uss des vergangene­n Jahres ist vor allem das Ergebnis massiver Steuererhö­hungen. Zugleich strich der Finanzmini­ster die öffentlich­en Investitio­nen zusammen. Beides belastet die Wirtschaft: Das griechisch­e BIP schrumpfte im vierten Quartal 2016 unerwartet stark um 1,2 Prozent. Die Schwäche dürfte sich in diesem Jahr fortsetzen. Die Regierung des Linkspopul­isten Alexis Tsipras setzte ursprüngli­ch für dieses Jahr ein Wachstumsz­iel von 2,7 Prozent an, musste dies aber inzwischen auf 2,5 Prozent korrigiere­n. Die Volkswirte der griechisch­en Alpha Bank erwarten nur ein Wachstum von 1,5 Prozent, die Banken Citigroup und Barclays rechnen sogar mit weniger als 0,5 Prozent.

Fachleute des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) bemängeln, der hohe Primärüber­schuss des vergangene­n Jahres gehe in erster Linie auf einmalige Spareffekt­e zurück, nicht aber auf nachhaltig­e Strukturre­formen.

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