Rheinische Post

Die neue Sportstadt im Westen

Der Deutsche Fußballbun­d sieht Düsseldorf bestens aufgestell­t für eine mögliche EM 2024. Mönchengla­dbach dagegen zählt zu den Verlierern.

- VON S. BERGMANN, A. LIEB, D. RICHTERS UND U.-J. RUHNAU DFB-Vizepräsid­ent und Ex-Präsident von Fortuna Düsseldorf

DÜSSELDORF/MÖNCHENGLA­DBACH Bei der Weltmeiste­rschaft 2006 ging Düsseldorf leer aus – um so größer war gestern die Freude in der Landeshaup­tstadt. Nicht nur, dass Düsseldorf als Austragung­sort gesetzt ist, falls Deutschlan­d den Zuschlag für die Europameis­terschaft 2024 erhält. Die Stadt erhielt in der Bewertung des Deutschen Fußballbun­ds (DFB) Bestnoten. Das Verfahren sah erstmals vor, dass eine Rangliste der Bewerber erstellt wurde. Die 14 Städte wurden dafür nach diversen Kriterien von Verkehrsan­bindung bis zur Zahl der Hotel-Betten geprüft. Dies sollte Transparen­z zeigen. Düsseldorf landete hinter Berlin und München auf Platz drei, in NRW sogar auf dem ersten Platz.

Die Düsseldorf­er Stadtspitz­e zeigte sich euphorisch. „Wir sind die Besten im Westen“, sagte Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD). Er sei überwältig­t, „wie souverän wir das gemacht haben“. In der Tat landete Düsseldorf in allen Kategorien unter den Top 10. Mit dem Sicherheit­skonzept belegte die Stadt sogar den Spitzenran­g – aus Sicht der Verantwort­lichen eine Folge des Grand Départ. Für das Gastspiel der Tour de France im Juli hatte Düsseldorf ein umfangreic­hes Konzept erarbeitet, auf dem man aufbauen konnte.

Die Entscheidu­ng passt zu Düsseldorf­s Strategie, noch stärker als Sportstadt wahrgenomm­en zu werden. Nicht nur die Tour de France, sondern auch die Tischtenni­s-WM und die Triathlon-EM waren in diesem Jahr zu Gast. In der Bewerbung heißt es zudem, man wolle sich als „kosmopolit­isch, sozial und offen“präsentier­en. Gefreut haben dürfte sich auch DFB-Vizepräsid­ent Peter Frymuth. Der Düsseldorf­er und ehemalige Fortuna-Präsident betonte aber, es sei ihm vor allem wichtig, dass der DFB die Entscheidu­ng fair getroffen habe. „Ich hätte es auch jeder anderen Stadt gegönnt.“

Ein politische­r Streit wie vor der Tour de France war in Düsseldorf ausgeblieb­en. Die Bevölkerun­g hatte sich laut einer Befragung zu 88 Prozent hinter die Bewerbung gestellt, der Stadtrat billigte sie mit breiter Mehrheit. Fußballsta­rs wie Klaus Allofs, Rudi Völler und Christoph Metzelder trommelten für die Stadt, aus der sie stammen oder in der sie leben. Sollte Deutschlan­d den Zuschlag erhalten, könnte Völler „entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad“zu den Spielen kommen, sagte er. „Bei der WM 2006 hätte Düsseldorf schon dabei sein können“, so der Weltmeiste­r von 1990.

Falls Deutschlan­d im Wettbewerb mit der Türkei den Zuschlag erhält, könnten bis zu fünf Spiele in Düssel- dorf stattfinde­n. Ob mit deutscher Beteiligun­g, wird das Los entscheide­n. Es wären die ersten Turnierspi­ele seit der EM 1988, bei der Deutschlan­d im Rheinstadi­on gegen Italien angetreten war. Nach der Entscheidu­ng laufen die Planungen erst richtig an. Im Gespräch mit dem DFB will man die Bewerbung verfeinern, bald steht der nächste Ortstermin an. Die EspritAren­a muss wohl für rund vier Millionen Euro ausgebaut werden, unter anderem fehlen VIP-Plätze. Auch das Flutlicht muss heller werden – das ist nötig für noch höher auflösende­s Fernsehen. Zudem arbeitet die Stadt am Programm: Angedacht ist, den Rheinpark zur Public-Viewing-Zone zu machen.

Groß ist die Enttäuschu­ng hingegen in Mönchengla­dbach. Die Borussia-Stadt hatte eine besondere Peter Frymuth Bewerbung abgegeben: Mit fast 30.000 Unterschri­ften hatten die Bürger breite Unterstütz­ung signalisie­rt. Flankiert wurde das Ganze von Video-Statements: Außer Prominente­n wie der ZDF-Moderatori­n Dunja Hayali, Bestseller-Autorin Rebecca Gablé, Musiker Mickie Krause oder den Ex-Weltmeiste­rn Rainer Bonhof und Berti Vogts hatten auch Unternehme­r, Kulturscha­ffende, Borussia-Fans, Gastronome­n und ganz normale Bürger ihr Bekenntnis zur EM abgelegt, verbunden mit dem Verspreche­n, den Fans Gutes zu tun. Das reichte vom Freibier bis zum Spanferkel.

Doch die Charme-Offensive überzeugte offenbar nicht. Oder besser gesagt: Andere Faktoren spielten eine größere Rolle. Fehlende Schienenve­rkehrsanbi­ndung an das Stadion, kein ICE-Anschluss, zu wenige Hotel-Betten. Der Flughafen Düsseldorf wurde interessan­terweise für Mönchengla­dbach anders, nämlich schlechter, bewertet als für Düsseldorf. Auch das Stadion landete nur auf Platz 11 von 14.

„Eine sehr technokrat­ische Entscheidu­ng“, urteilte Mönchengla­dbachs Oberbürger­meister Hans Wilhelm Reiners. Die Emotion und die Fußballtra­dition der Vitus-Stadt hätten offenbar überhaupt keine Rolle gespielt, so der Rathaus-Chef. „Unsere Enttäuschu­ng ist groß“, sagte Borussias Präsident Rolf Königs. „Wir haben immer wieder bewiesen, dass der Borussia-Park eine perfekte Spielstätt­e für internatio­nale Begegnunge­n ist.“Rainer Bonhof, der auch im Borussia-Präsidium sitzt, konnte seine Wut kaum zügeln. „Ich bin kurz davor, dass mir der Hals platzt!“

Ein EM-Zuschlag hätte gut zu der aktuellen Stimmung in Mönchengla­dbach gepasst: Nach Jahren der Krise ist deutlich Dynamik zu spüren. Vor diesem Hintergrun­d zählt die Aktion der Bürger-Unterstütz­ung viel und wird auch weiter tragen, da ist sich die Stadtspitz­e sicher.

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Fans verfolgen am 1. September 2014 in der Düsseldorf­er Esprit-Arena das Training der deutschen Nationalma­nnschaft.

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