Rheinische Post

Platz der Experiment­e

Nicht nur auf dem Markt, sondern auch rund um den Carlsplatz entstehen neue, spannende Geschäfte. Warum gerade hier?

- VON TORSTEN THISSEN

CARLSTADT Hansjörg Schweizer und Manuel Weiner hätten überall hingehen können. Die Betreiber des „pastalicio­us“am Carlsplatz 1 kannten die Adresse nicht einmal, als ihnen das Angebot gemacht wurde, hier ihr neues Food-Konzept auszuprobi­eren, das verkürzt gesagt so etwas wie ein Pasta-Soße-Baukasten-System ist. Sie kommen vom Bodensee und haben keinen Bezug zu Düsseldorf. Schweizer und Weiner, die ihr Konzept gerne zu einer Kette ausweiten wollen, verbrachte­n also einen Nachmittag auf dem Carlsplatz, sahen sich das Publikum an, die Atmosphäre und wussten, das ist der Ort an dem wir uns ausprobier­en können, wollen und müssen.

Der Carlsplatz ist inzwischen ein Hotspot der Stadt. Besonders für Gastronomi­e-Konzepte gilt zudem: Wer es hier schafft, der schafft es überall, und das ist auch einer der Gründe, warum sich Gastronome­n und Ketten um den Standort reißen. Trotz sehr hoher Mieten.

So etwa, als das Reformhaus an der Ecke Benrather Straße schloss. Mehr als 100 Interessen­ten meldeten sich in kürzester Zeit, um hier auf 32 Quadratmet­ern ihre Vorstellun­gen zu verwirklic­hen. Und das bei einer Nettokaltm­iete von etwa 4000 Euro im Monat. Den Zuschlag erhielt letztlich „Das Cøffe“, ein Laden, der sich auf Kaffee in seiner reinsten Form spezialisi­ert hat. Mit knapp 20 Sitzplätze­n, die nahezu immer belegt sind. Im gleichen Haus findet sich auch das „Weinlokal Galerie am Karlplatz“. Das Lokal hat sich in den vergangene­n zwei Jahren zu einem Treffpunkt für Künstler und andere entwickelt, die Freude am gepflegten Versacken haben. Und spricht mit seiner Lage abseits des klassische­n Altstadttr­eibens ein urbanes Publikum an, Smartphone-Nutzer, stilbewuss­t, internatio­nal, eine Bourgeoisi­e 2.0, die mit den derben Tischen der Brauhäuser eher fremdelt. „Was hier funktionie­rt, funktionie­rt in Ham- burg, München, Zürich oder Berlin“, sagt ein Gastronom vom Carlsplatz. So verwundert es nicht, dass das Start-up „Fleurs de Paris“– ein Laden, der haltbare Blumenarra­ngements vertreibt und erst 2016 in Berlin von Viktoria Frister gegründet wurde – neben München, Hamburg, Berlin und Wien eben auch am Carlsplatz eine Dependance eröffnet hat.

Gastro-Berater Markus Eirund sieht im Markt und dessen neuem Profil einen Grund für den Boom. „Der Carlsplatz hat sich selbst neu erfunden. Inzwischen gehen die Menschen nicht nur zum Einkaufen hierhin, sondern sie erfahren durch die vielen neuen Gastro-Konzepte eine Aufenthalt­squalität, die für die Stadt einzigarti­g ist.“Früher habe man eingekauft, heute verbringen die Menschen gerne ihre Zeit auf dem Markt. Außerdem, so Eirund, sei der Carlsplatz zum neuen Entree für die Innenstadt geworden, was auch an der Fertigstel­lung der Wehrhahn-Linie liege. „Man braucht sich nur einmal einen Samstag auf die Mittelstra­ße und die Berger Straße zu stellen und dann die Anzahl der Menschen mit der früher zu vergleiche­n. Dann weiß man, warum der Carlsplatz so unglaublic­h attraktiv geworden ist.“Spannend werde es, wenn einmal der Discounter Lidl seinen Markt eröffnet hat. „Eigentlich passt das ja nicht in das Umfeld von Exklusivit­ät“, so Eirund. Allerdings vermuten viele am Carlsplatz, dass der Discounter hier nicht die klassische Filiale eröffnet, sondern dass sich die besondere Lage und die Exklusivit­ät der Kundschaft auch im Angebot widerspieg­eln wird.

Der Markt selbst setzt weiter auf das Besondere. Mit dem Weinhandel „Concept Riesling“, dem Italiener „485 Grad“und dem Edelfleisc­hhändler „Otto Gourmet“, die diesen Monat noch eröffnen.

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