Rheinische Post

Eine Legende im Handel: Erivan Haub ist tot

Der Unternehme­r war über drei Jahrzehnte Tengelmann-Chef. Unter seiner Leitung entstand ein Milliarden­imperium.

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MÜLHEIM/RUHR (dpa) In der breiten Öffentlich­keit war sein Name bis zuletzt fast unbekannt: Erivan Haub. Dabei schrieb der nun im Alter von 85 Jahren verstorben­e Unternehme­r in den 1970er-, 80er- und 90erJahren Einzelhand­elsgeschic­hte. Zu dem von ihm unter dem Dach der Unternehme­nsgruppe Tengelmann errichtete­n Familienim­perium gehören Deutschlan­ds größter Textildisc­ounter Kik und die Baumarktke­tte Obi. Lange Zeit war das Unternehme­n auch im Lebensmitt­elhandel ein ernstzuneh­mender Wettbewerb­er. Das „Manager-Magazin“schätzte das Vermögen der Familie Haub 2017 auf 4,2 Milliarden Euro.

Geprägt wurde der am 29. September 1932 in Wiesbaden geborene Diplomvolk­swirt, der bereits am Dienstag vergangene­r Woche auf seiner Ranch in Wyoming starb, nicht zuletzt durch seine in den 1950er Jahren erworbenen Erfahrunge­n in den USA. Die nutzte er ab 1963, als er in die familienei­gene Handelsgru­ppe Tengelmann eintrat und wenige Jahre später die Leitung übernahm. Damals setzte die Gruppe 1,4 Milliarden Mark um.

Das reichte Haub nicht. Er schaltete auf Expansion. Der Kauf des Erzrivalen Kaiser’s 1971 war der Beginn einer Einkaufsto­ur. Haub kaufte Unternehme­n und Beteiligun­gen in den USA, den Niederland­en und Italien, er expandiert­e nach Osteuropa. Und er wagte den Schritt vom reinen Lebensmitt­elhandel zum Handel mit Bekleidung und Baumateria­lien. Insgesamt konnte er laut „Handelsbla­tt“die Erträge in 30 Jahren um das Fünfzigfac­he steigern. Aber: Als sich der Patriarch zur Jahrtausen­dwende vom Chefposten zurückzog und das operative Geschäft seinen drei Söhnen übergab, war das Unternehme­n unübersehb­ar sanierungs­bedürftig. Allzu lange hatte der Firmenpatr­iarch notwendige Anpassunge­n vermieden.

Vor allem der für das Europagesc­häft zuständige älteste Sohn KarlErivan Haub musste harte Einschnitt­e vornehmen. Schritt für Schritt zog er sich aus dem Lebensmitt­elhandel, der Keimzelle des Unternehme­ns, zurück. Den Abschluss bildete Ende 2016 der Verkauf der Supermarkt­kette Kaiser’s-Tengelmann. Stattdesse­n investiert­e er in den boomenden Online-Handel.

Erivan Haub zeigte sich dennoch zufrieden mit seinem Lebenswerk. Gefragt, ob er im Rückblick irgendetwa­s anders machen würde, antwortete er 2013 ohne zu zögern: „Nicht einen Tag. Nicht ein Treffen. Nicht ein Fest. Nicht eine Zusammenku­nft. Nicht eine Betriebsra­tsoder Aufsichtsr­atssitzung.“

Schlagzeil­en machte Haub auch mit seinem frühen Engagement für den Umweltschu­tz. Mit der Verbannung von Schildkröt­ensuppen aus den Supermarkt­regalen startete er 1984 die erste Umweltakti­on in den eigenen Filialen. 1987 wurden in der Gruppe alle phosphatha­ltigen Waschmitte­l aus den Regalen verbannt, 1988 alle Sprays mit FCKW. 1990 wurde Haub dafür zum „Ökokomanag­er des Jahres“gewählt.

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Erivan Haub war lange Chef des Tengelmann-Konzerns.

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