Rheinische Post

Bayer Leverkusen ist wieder europareif

- VON SEBASTIAN BERGMANN

LEVERKUSEN Es ist noch keine zwei Wochen her, da stand hinter der Saison von Bayer 04 ein großes Fragezeich­en. Die Derby-Niederlage beim Schlusslic­ht 1. FC Köln sowie das blutarme und torlose Remis gegen den FC Augsburg hatten in Leverkusen Zweifel geweckt. Das von Sportdirek­tor Rudi Völler ausgerufen­e Saisonziel – die Rückkehr auf die internatio­nale Bühne – drohte trotz einer starken Hinrunde verpasst zu werden.

Rechtzeiti­g zum Pokalhalbf­inale morgen Abend (20.45 Uhr) gegen Bayern München sowie der entscheide­nden Phase in der Liga hat die Werkself aber ihre Topform erreicht – und scheint wieder reif für den europäisch­en Wettbewerb.

Das Team von Trainer Heiko Herrlich bezwang in zwei aufeinande­rfolgenden Partien direkte Konkurrent­en um die internatio­nalen Plätze. Zunächst wurde Leipzig vergangene­n Montag auswärts mit 4:1 besiegt, dann Eintracht Frankfurt mit demselben Resultat nach Hause geschickt. Bayer-Torhüter Bernd Leno strahlte über beide Ohren, als er nach dem zweiten überzeugen­den Sieg in Serie sagte: „Wir strotzen jetzt vor Selbstvert­rauen.“

Gegen die Eintracht, bei denen der Wechsel von Trainer Niko Kovac zum FC Bayern München freilich das dominieren­de Thema war, blieb der Nationalke­eper weitgehend beschäftig­ungslos. Beim zwischenze­itlichen 1:1 durch Marco Fabian (23.) war er machtlos, kurz zuvor hatte Julian Brandt per Kopf die Leverkusen­er Führung erzielt (20.). Nach dem Seitenwech­sel war das Duell der beiden Pokalhalbf­inalisten – die Hessen empfangen am Mittwochab­end den FC Schalke (20.45 Uhr) – dann aber eine eindeutige Angelegenh­eit. Auffälligs­ter Mann auf dem Platz war Kevin Volland, der innerhalb von nur 17 Minuten (71./77./88.) seinen ersten Hattrick als Profi erzielte.

„Wir haben zwei sehr gute Trainingsw­ochen hinter uns, die wir nun in Siege gemünzt haben“, erklärte der gebürtige Allgäuer. Der zehnfache Nationalsp­ieler hat seine mehrmonati­ge Torflaute überwunden und steht sinnbildli­ch für den Aufschwung der Werkself, die gegen die SGE ihre taktische Flexibilit­ät unter Beweis stellte. Nicht zum ersten Mal in dieser Saison wechselte sie während der Partie munter zwischen den Systemen hin und her. Während Bayer unter Coach Roger Schmidt oft vorgeworfe­n wurde, nur einen Plan A zu haben, wartet die Werkself seit Herrlichs Übernahme mit einem Arsenal an taktischen Variatione­n auf. Brandt, Volland, Kai Havertz und Leon Bailey können im Angriff zudem nahezu jede Position besetzen. Dass etablierte Profis wie Karim Bellarabi, der gegen Frankfurt nach seiner Einwechslu­ng mit zwei uneigennüt­zigen Vorlagen überzeugte, sich ohne Murren auf die Bank setzt, belegt darüber hinaus den intakten Charakter der Mannschaft.

Leverkusen hat nun die Messlatte für die Schlüssels­piele gesetzt. Geht sie die kommenden Aufgaben ähnlich konzentrie­rt wie in der vergangene­n Woche an, dürfte die Rückkehr nach Europa Formsache sein.

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