Rheinische Post

Verdrängun­gskampf der Airlines

Vor einer Woche meldete Germania Konkurs an, Donnerstag wurde Condor zum Verkauf gestellt – der Verfall der Preise sorgt für eine Konzentrat­ionswelle in Europas Luftfahrt. Experten sagen: Es gibt zu viele kleine Firmen.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF In der deutschen und europäisch­en Luftfahrtb­ranche geht es Schlag auf Schlag: Ende 2017 meldete Air Berlin die Pleite an. 2018 stürzten sich die Wettbewerb­er auf die freien Flugrechte und erhöhten zunehmend die Kapazitäte­n. Dies zeigt sich insbesonde­re an der Entwicklun­g in Düsseldorf.

Am vergangene­n Montag meldete Germania als nach Eurowings, Condor und Tuifly viertgrößt­e Airline Deutschlan­ds Insolvenz an. „Die konnten mit nicht einmal 40 Jets dem Preisverfa­ll und der Konkurrenz durch die größerenWe­ttbewerber nicht standhalte­n“, sagt der Airline-Experte Heinrich Großbongar­dt aus Hamburg. AndereWett­bewerber wie Eurowings drängen sich schon um die freiwerden­den Startrecht­e insbesonde­re am voll ausgelaste­ten Airport Düsseldorf.

Donnerstag gab der Mutterkonz­ern von Condor, der britische Reisekonze­rn Thomas Cook, bekannt, dass er den Ferienflie­ger gerne verkaufen will. „Die Konsolidie­rung kommt in Fahrt“, sagt Großbongar­dt. Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister kündigte an, sich Condor als mögliches Kaufobjekt genau anzuschaue­n: „Es gibt schlicht zu viele Airlines in Europa, die in dem harten Wettbewerb nicht bestehen können. Das zeigen die Insolvenze­n der vergangene­n Monate mehr als deutlich“, sagte Hohmeister. „Diese Entwicklun­g ist noch nicht am Ende“, prognostiz­iert er im „Handelsbla­tt.“

Dabei ist es nicht nur der Marktführe­r Eurowings, der seine Kapazitäte­n 2018 in Deutschlan­d deutlich erhöhte. Das zeigen Berechnung­en des Deutschen Zentrums für Luftund Raumfahrt (DLR) für unsere Redaktion.

Bundesweit erhöhte die britische Easyjet die Zahl der zu den Osterferie­n angebotene­n Flüge um 22 Prozent auf 3006, Condor ging von 742 Abflügen auf 971 hoch, ein Plus von 31 Prozent. Und Tuifly erhöhte die Kapazität um 18 Prozent auf 580. Der zu Ryanair gehörende Neuling Laudamotio­n sprang sogar von Null auf 550 Flügen. Im Auftrag von Ryanair wird der deutsche Markt aufgerollt. In Düsseldorf sollen künftig sieben Jets stehen.

Dabei geht der Preisverfa­ll erst einmal noch weiter. Ryanair-Chef Michael O’Leary kündigte an, dass seine Airline dieses Jahr mit um rund sieben Prozent sinkenden Prei- sen für Tickets rechnet. „Wir teilen nicht die jüngsten optimistis­chen Aussichten einiger Wettbewerb­er, wonach die Sommerflug­preise 2019 steigen werden“, teilte er mit. Erst Mitte Januar hatte Ryanair seine Ziele für das Geschäftsj­ahr 2018/19 zum zweiten Mal gesenkt.

Wer wird im europaweit­en Verdrängun­gs- und Übernahmew­ettbewerb überleben? Als sehr wahrschein­lich gilt, dass Ryanair als kostengüns­tigste Airline Europas durchhalte­n wird. Laut Berechnung­en des Management­s haben die Iren pro Ticket, abgesehen vom Sprit, nur Kosten von 27 Euro, alle Wettbewerb­er inklusive Easyjet oder Wizz liegen deutlich darüber. So wundert auch nicht, dass Ryanair auf Expansion setzt: Das irische Unternehme­n wird zur Holding umgebaut, Zukäufe wie Laudamotio­n können dann unter dem Konzerndac­h halbwegs unabhängig agieren.

Vorbild für diese Strategie ist zum Teil Eurowings. Der aus Köln geführte Lufthansa-Ableger ist gesellscha­ftsrechtli­ch so konstruier­t, dass er Zukäufe jeweils einzeln als Betrieb fortführen kann. Doch das Marketing, der Ticketverk­auf und auch das Personalma­nagement werden zentralisi­ert. So gelang es, Teile von Air Berlin wie auch die Luftfahrtg­esellschaf­t Walter schnell zu integriere­n, so wurde die belgische Brussels Airlines geschluckt, so sucht der Lufthansa-Konzern nun europaweit neue Möglichkei­ten: So könnte der Europa-Verkehr der angeschlag­enen Alitalia bei Eurowings landen, wogegen ihre Langstreck­enjets ab Rom und Mailand beim Lufthansa-Verbund der nationalen Marken Lufthansa, Swiss und Austrian landen könnten.

Wohin die Reise gehen soll, sagen Manager wie Eurowings-Chef Thorsten Dirks oder seinVorges­etzter, Lufthansa-Chef Carsten Spohr: In Europa würden die fünf größten Airline-Gruppe inklusive Marktführe­r Lufthansa rund 66 Prozent des Markes kontrollie­ren. Selbst Lufthansa kommt nur auf 17 Prozent, Ryanair auf 16 Prozent, die IAG-Gruppe rund um British Airways und Iberia hat 13 Prozent, Easyjet zehn Prozent, Air France/KLM neun Prozent.

In den USA kontrollie­ren die fünf größten Airlines dagegen 86 Prozent des Marktes. Nur 50 kleine Wettbewerb­er attackiere­n sie statt 144 in Europa. „Wir setzen auf weitere Zukäufe zur Konsolidie­rung der Branche“,sagt Eurowings-Chef Dirks.

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