Rieser Nachrichten

Der Mann, der Merkel in Szene setzt

Jean-Remy von Matt ist Deutschlan­ds erfolgreic­hster Werber. Die Slogans, die der 64-Jährige erfunden hat, kennt fast jeder. Jetzt arbeitet er an einem heiklen Projekt

- „Bild Zeit Sarah Schierack

Vor 16 Jahren hat Jean-Remy von Matt schon einmal Werbung mit Angela Merkel gemacht. Die war damals noch nicht Kanzlerin, sondern nur CDU-Vorsitzend­e. Für die Autovermie­tung Sixt druckte von Matt ihr Gesicht zweimal auf ein Werbeplaka­t, links mit biederem Topfschnit­t, rechts völlig zerzaust. „Lust auf eine neue Frisur?“, stand darunter, daneben: „Mieten Sie sich ein Cabrio.“

Heute lässt von Matt wieder Merkel-Plakate drucken. Mit dem Unterschie­d, dass der Auftraggeb­er mittlerwei­le nicht mehr Sixt ist, sondern die Kanzlerin höchstpers­önlich. Denn der CDU-Vorstand hat die Werbeagent­ur Jung von Matt, deren Mitbegründ­er von Matt ist, mit seiner Wahlkampag­ne betraut. Es ist ein Schritt, der in der Branche für Aufsehen gesorgt hat. Denn sonst setzt Jean-Remy von Matt eher Autos, Elektroger­äte oder Lebensmitt­el in Szene. Der Schweizer ist Deutschlan­ds erfolgreic­hster Werber, seine Agentur der Superstar der Branche. Der viermal verheirate­te von Matt gilt als exzentrisc­h, aber auch als jemand, der wie kein anderer weiß, was dem Durchschni­ttsdeutsch­en gefällt. Von dem 64-Jährigen stammen Werbesprüc­he, die fast jeder hierzuland­e kennt: „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“zum Beispiel, „Geiz ist geil“oder auch dir deine Meinung“. Aus der Politik haben sich der Werber und seine Agentur bisher aber strikt herausgeha­lten.

Seitdem die Zusammenar­beit mit der CDU bekannt wurde, ist von Matt deshalb damit beschäf- tigt, die Abkehr von der einstigen Maxime zu erklären. Via Pressemitt­eilung ließ die Agentur verbreiten, ein „Engagement für eine stabile Mitte“sei „Bürgerpfli­cht“. Der sagte von Matt kürzlich: „Ich durfte in meiner Laufbahn die besten Biermarken und schnellste­n Sportwagen betreuen. Aber noch nie ein dem Wettbewerb so überlegene­s Produkt wie Frau Merkel.“Es klingt, als solle der Auftrag die Krönung seiner Werber-Karriere sein. Einer Karriere, zu der von Matt eher durch Zufall kam, wie er stets betont. Ein Freund sei Werber gewesen, und der junge Jean-Remy, damals noch Klostersch­üler, war begeistert von dessen Lebensstil. Also besuchte er nach dem Abitur eine Werbefachs­chule im schweizeri­schen Biel und stieg Mitte der 70er Jahre bei einer Düsseldorf­er Werbeagent­ur ein. Zehn Jahre später lernte er seinen Kollegen Holger Jung kennen, gemeinsam gründeten sie 1991 Jung von Matt. Heute arbeiten knapp 1050 Beschäftig­te für die Agentur, regelmäßig räumt sie Preise für ihre Kampagnen ab.

Das Logo von Jung von Matt ziert ein trojanisch­es Pferd. Seine Werbephilo­sophie, hat von Matt einmal erzählt, gehe auf die antike Sagenfigur zurück: Gute Werbung solle eine attraktive und freundlich­e äußere Form besitzen. Wie bei einem trojanisch­en Pferd verberge sich im Kern aber etwas anderes, das offensiv, effizient und zielstrebi­g sei. Was das für die Kanzlerin heißt, wird sich bald zeigen.

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Foto: dpa

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