Mit Seehofer kommt der Optimismus zurück
Vom neuen Verhandlungsführer der Arbeitgeber erwarten sich viele Beschäftigte ein Entgegenkommen. Auch die Gewerkschaften rechnen jetzt mit einer schnellen Tarifeinigung. Doch die Lage ist kompliziert
Potsdam Mehr als zehn Minuten nimmt sich Horst Seehofer Zeit für die Demonstranten. Mit Trillerpfeifen und Fahnen haben die Angehörigen des Öffentlichen Dienstes am Sonntag den CSU-Innenminister in Potsdam erwartet. Von ihm, dem Tarifneuling, erwarten die Gewerkschaften so großes Entgegenkommen, dass es schnell zu einem Durchbruch kommt. Doch knapp sechs Stunden später räumt der Verhandlungsführer des Bundes ein: „Es sind alles komplizierte Sachverhalte.“Zwar gebe es Annäherungen, in den Grundfragen („Höhe und Struktur eines Abschlusses“) aber unterschiedliche Positionen. Niemand könne im Moment etwas zusagen. Zunächst würden Arbeitsgruppen eingesetzt. Er und die anderen Spitzenverhandler kämen wieder Montagmittag zusammen.
Massive Warnstreiks hatten Fluggästen, Pendlern und Eltern von Kita-Kindern über Tage das Leben schwer gemacht. Nun ist die Hoffnung groß, dass der Tarifstreit um das Einkommen der 2,3 Millionen Beschäftigten von Kommunen und Bund rasch endet. Für Seehofer wäre ein Misserfolg unangenehm. Dem Vertreter des starken Staats, dem erklärten Verfechter guter Löhne für gute Arbeit eilt der Ruf voraus, Wegbereiter einer schnellen und möglichst großzügigen Lösung zu sein. Er sagt: „Ich habe auch ein persönliches Interesse, dass wir für die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes zu einem Abschluss kommen, denn diese Beschäftigten erbringen für unser Land einen ganz wichtigen Dienst – für das Land und für die Menschen.“
Der Chef des Beamtenbunds, Ulrich Silberbach, freut sich: „Wenn er die bayerische Politik der Wertschätzung für den Öffentlichen Dienst auf Bund und Kommunen überträgt, können wir uns schnell einigen.“Allerdings kann der Verhandlungsführer des Bundes bei weitem nicht allein entscheiden. Doch auch der kommunale Verhandlungsführer, VKA-Präsident Thomas Böhle, zeigt sich zum Start zahm. Von breiter Kompromissbereitschaft spricht er. Die Gewerkschaften fordern sechs Prozent mehr Einkommen. Das findet Böhle zu viel. Besonders strikt lehnte er bisher den geforderten Mindestbeitrag von 200 Euro für die Kleinverdiener im Öffentlichen Dienst ab. Denn dies würde bei ihnen ein Lohnplus von bis zu 11,4 Prozent bringen.
Verdi-Chef Frank Bsirske meint, offenbar habe Seehofer Verständnis für Menschen mit unteren und mittleren Gehältern. Mit neuen Streiks will der Gewerkschaftsboss nicht drohen. Er sagt nur: „Würde es jetzt nicht gelingen, einen Durchbruch zu erzielen, wäre das ein Zeichen für eine Eskalation des Konfliktes.“Auch Silberbach geht nach eigenen Angaben fest von einem Durchbruch bis Dienstag aus.