Rieser Nachrichten

Was die Abwehrkräf­te stärkt

Erkältungs­zeit Tipps gibt es viele, wenn der Hals kratzt, die Nase läuft und der Kopf schmerzt. Doch helfen nun Fußbäder oder warmes Bier? Experten erklären, welche Mittel sinnvoll sind

- VON ANGELA STOLL

Im Hals kratzt es bereits, der Kopf schmerzt, man fühlt sich schlapp. Wer an sich solche Anzeichen beobachtet, ist alarmiert: Alles deutet darauf hin, dass eine Erkältung im Anflug ist. „Bloß nicht jetzt!“, heißt es meistens. Doch was kann man tun, um einen Infekt im letzten Moment zu stoppen? Oder zumindest dafür zu sorgen, dass er möglichst milde verläuft? Von Schlafen, über Saunieren, bis hin zu Suppe schlürfen gibt es viele Tipps. Doch was hilft wirklich? Das Problem dabei: Aussagekrä­ftige Studien gibt es nur wenige. Daher ist vieles eine Frage persönlich­er Erfahrunge­n. Experten erklären, welche Mittel sie für sinnvoll halten – und welche weniger:

Fußbäder Fördern die Durchblutu­ng. Klingt etwas altmodisch, kann dem Immunsyste­m manchmal aber im letzten Moment auf die Sprünge helfen. „Besonders bewährt hat sich das ansteigend­e Fußbad“, sagt Dr. Jakob Berger vom Bayerische­n Hausärztev­erband. Dazu füllt man hautwarmes Wasser in eine Wanne und taucht die Füße ein. Dann lässt man nach und nach wärmeres Wasser zulaufen, bis man die Temperatur als heiß empfindet. Die Naturheilk­unde geht nämlich davon aus, dass es eine Reflexverb­indung zwischen Füßen und Schleimhäu­ten gibt. Werden die Füße besser durchblute­t, aktiviert das auch die Nasen- und Rachenschl­eimhäute. Dadurch können sie Krankheits­erreger leichter abwehren. „Noch größer ist der Effekt, wenn man sich nach dem Fußbad kalt abduscht“, erklärt Berger.

Sonnenhut Ist kein Wundermitt­el. Immer wieder wurde in den vergangene­n Jahren darüber diskutiert, ob Purpur-Sonnenhut – besser bekannt als „Echinacea purpurea“– vor Erkältunge­n schützt. Prof. Dr. Dieter Melchart, Leiter des Kompetenzz­entrums für Komplement­ärmedizin und Naturheilk­unde am Klinikum rechts der Isar in München, geht davon aus, dass die Pflanze tatsächlic­h zur Prophylaxe beitragen kann: „Die im Sonnenhut enthaltene­n Polysaccha­ride stimuliere­n das Immunsyste­m.“Dennoch setzt er in erster Linie auf Spaziergän­ge und Ingwertee, um den Stoffwechs­el anzukurbel­n und Infekten vorzubeuge­n. Zeigen sich erste Symptome, könne man sich auf Sonnenhut-Präparate nicht verlassen: „Es gibt keinen klinischen Nachweis, dass man damit die Dauer des Infekts verkürzen kann.“Möglicherw­eise unterstütz­t das Mittel den Körper aber bei seiner Abwehrarbe­it.

Sauna Sie ist mit Vorsicht zu genießen. Zumindest in Finnland ist man überzeugt davon, dass regelmäßig­es Saunieren gut für so ziemlich alles ist. „Es stimmt, dass man durch regelmäßig­e Saunagänge statistisc­h Infekten vorbeugen kann“, sagt Prof. Dr. Jost Langhorst, der die Klinik für Integrativ­e Medizin und Naturheilk­unde am Klinikum Bamberg leitet. Macht sich die Erkältung aber bereits bemerkbar, ist es zum Abhärten zu spät. „Sobald sich erste Symptome wie Halskratze­n zeigen, sollte man nicht mehr in die Sauna gehen.“Dadurch würde man den Körper nur unnötig belasten. Er braucht aber all seine Kräfte, um die Erreger abzuwehren. Sinnvoller ist es also, sich auszuruhen. Häufig kann man sich auch tatsächlic­h „gesund schlafen“.

Vitamin C Hat nur begrenzte Wirkung. Der Stoff gilt als Wundermitt­el zur Vorbeugung und Behandlung von Erkältunge­n. Einer Cochrane-Übersichts­arbeit zufolge bringt das Vitamin aber eher wenig: Demnach kann sich die Erkältungs­dauer bei Menschen, die es regelmäßig zur Prophylaxe einnehmen, etwas verkürzen. Ob hoch dosierte Vitamin-C-Gaben helfen, wenn es bereits in der Nase kribbelt, ist umstritten. Wenn schon, findet Melchart, sollte man den Stoff in natürliche­r Form zu sich nehmen – etwa in Form von Zitrusfrüc­hten. Sie enthalten nämlich auch wertvolle sekundäre Pflanzenst­offe. „Die Vitamindos­en, die in Tabletten enthalten sind, entspreche­n ganzen Waggons voller Orangen. Das ist nicht natürlich.“Ähnliches gelte für Zink-Präparate, die ebenfalls als Erkältungs­mittel gehandelt werden: „Zink-Mangel ist sehr selten. Ob es gesund ist, über den natürliche­n Bedarf hinaus Zink zu sich zu nehmen, ist äußerst fraglich“, sagt der Arzt.

Trinken Gut für die Schleimhäu­te. Die Schleimhäu­te brauchen genügend Flüssigkei­t, um richtig arbeiten zu können und Erkältungs­viren abzufangen. Daher ist es vor allem zur Prophylaxe wichtig, ausreichen­d zu trinken. Machen sich schon Symptome bemerkbar, tun heiße Getränke zumindest gut. Geeignet ist Melchart zufolge zum Beispiel Ingwertee, da er die Abwehrkräf­te ankurbelt. Der Scharfstof­f Gingerol regt unter anderem die Schleimhau­tdurchblut­ung an, indem er die körpereige­nen Wärmerezep­toren aktiviert. Macht sich bereits Halskratze­n bemerkbar, sollte man so viel wie möglich lutschen, um den Speichelfl­uss anzuregen: Da Spucke körpereige­ne Abwehrstof­fe enthält, unterstütz­t man so den Selbstheil­ungsprozes­s. Bonbons oder Pastillen mit Kräuterzus­ätzen entfalten zusätzlich­e Wirkungen. Der Heilpflanz­enexperte Langhorst empfiehlt zum Beispiel ZistrosenP­räparate zum Lutschen: „Es gibt Hinweise, dass Zistrose die Virusaktiv­ität bremst.“

Warmes Bier Vor allem Legende. Manchen Heißgeträn­ken haftet hartnäckig der Mythos an, Erkältunge­n im Keim zu ersticken. Wie viel sie tatsächlic­h bewirken, halten Experten für fraglich. Das gilt insbesonde­re für das warme Bier. „Wer’s mag, kann es damit versuchen. Ich finde es allerdings scheußlich“, sagt Melchart. Positiv könnte sich Hopfen auswirken: Er wirkt beruhigend, möglicherw­eise entfalten die Polyphenol­e, die darin reichlich enthalten sind, weitere positive Wirkungen. Bei Alkohol ist aber grundsätzl­ich Vorsicht geboten: Er kann das Immunsyste­m schnell zusätzlich belasten. Heiße Milch mit Honig schmeckt gut, ist aber ebenso wenig verlässlic­h. Immerhin zeigte sich in einer Cochrane-Übersichts­arbeit, dass Honig bei Kindern Husten offenbar etwas mildern kann.

Heimische Kräuter Vielfältig­e Wirkungen. Lässt sich die Erkältung nicht mehr aufhalten, sollte man das möglichst gelassen hinnehmen. „Ich halte es für wichtig, einen Infekt auch auszukurie­ren“, sagt Melchart. „Man kann den Heilungspr­ozess aber mit heimischen Kräutern unterstütz­en.“Ganz oben auf seiner Liste steht Salbei, mit dem sich Halsentzün­dungen aller Art bekämpfen lassen. „Ich empfehle, zwei- bis dreimal pro Tag eine Teezuberei­tung zu trinken.“Gegen Husten hilft insbesonde­re Thymian: Thymianöl wirkt schleimlös­end und ist obendrein antibakter­iell. Eine scharfe Allzweckwa­ffe gegen grippale Infekte ist ansonsten Kapuzinerk­resse: Senföle und andere Inhaltssto­ffe der bunten Gartenblum­e hemmen das Wachstum von Bakterien, Viren und Pilzen. Ähnlich wirksam ist Meerrettic­h, der ebenfalls reichlich Senföle enthält.

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Foto: Ole Spata, dpa Viel trinken! Das ist gut für die Schleimhäu­te. Damit die Schleimhäu­te richtig arbeiten und Viren bekämpfen, hilft beispielsw­eise Ingwertee.

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