Das Auto weiß schon alles – die Polizei auch?
In modernen Pkws werden so viele Daten gesammelt, dass jede Fahrt lückenlos nachzuvollziehen ist
Goslar. (gj) In modernen Autos werden heute große Mengen von Daten erfasst. Sie können hilfreich sein, weil Fahrer und Werkstatt beispielsweise darüber informiert werden, dass ein Ölwechsel fällig ist oder dass die Bremsen verschlissen sind. Ist bekannt, wo sich ein Auto gerade befindet, kann ein Dienstleister es zu einem freien Parkplatz lotsen. Doch die Daten verraten auch, dass der Fahrer einen flotten Stil pflegt, weil das AntiSchleuderprogramm täglich eingreift, oder dass er sich in der Nähe des Juwelierladens befand, der ausgeraubt wurde. Wer hat eigentlich das Recht, die erhobenen Daten zu verwenden?
Beim diesjährigen Verkehrsgerichtstag in Goslar diskutierten Datenschützer, Juristen, Mitglieder von Autoclubs, Wissenschaftler und Vertreter von Versicherungen über die Verwendung von Daten aus Fahrzeugen. Der Bordcomputer sammelt so viele Daten, dass man damit ein lückenloses Bewegungsprofil des Fahrers erstellen kann.
Nicht nur Autohersteller haben Interesse an diesen Daten, sondern auch Werkstätten, Versiche- rungen und auch die Polizei. Kann gar die Gattin erkennen, wenn ihr Mann sein Auto nicht auf dem Parkplatz vor der Firma für die angekündigten Überstunden abgestellt hat? Werten die Polizei und die Versicherung verdächtige Schlangenlinien als Alkoholfahrt? „Die Schwarzmalerei ist berechtigt“, meint Ulrich Klaus Becker, ADAC-Vizepräsident für Verkehr. „In einem VW Golf sind mehr Daten abgespeichert als im ersten Raumschiff zum Mond.“Thomas Funke, Anwalt für internationales Kartellrecht, spricht von einem „Smartphone auf Rädern“. Er erläutert, dass die meisten Neuwagenkäufer mit ihrer Unterschrift unter den Kaufvertrag dem Hersteller erlauben, die gesammelten Daten zu nutzen. Ob sie sich dessen immer bewusst sind, ist fraglich. Professor Willi Diez, Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft an der Hochschule Nürtingen- Geislingen, mahnt: „Der Fahrzeugbesitzer muss sich gut überlegen, wen er auf die Daten zugreifen lässt. Es kann ja nicht sein, dass sich Hersteller, Versicherung, Werkstatt und Polizei einfach bedienen können.“