Saarbruecker Zeitung

Blutiger Handel

Immer mehr Menschen kaufen online Produkte aus geschützte­n Tier- und Pflanzenar­ten

- Von SZ-Mitarbeite­rin Isabel Sand

Das Geschäft mit bedrohten Tier- und Pflanzenar­ten boomt. Vor allem im Internet. Behörden und Webseiten-Betreiber wollen jetzt gemeinsam gegen den illegalen Handel vorgehen.

Saarbrücke­n. Elefantenf­üße als Schirmstän­der, Kobra in Reisschnap­s, Tigerpenis als Potenzmitt­el und Kaviar als Gesichtsma­ske – die Liste der vom Zoll beschlagna­hmten Tier- und Pflanzenpr­odukte ist lang. Für Internetnu­tzer ist es oft sehr einfach, an solch exotische Artikel zu kommen. Mit einem Klick können sie sich im Web über eine der unzähligen Plattforme­n ein Krokotäsch­chen, eine Korall-Kette oder ein Nahrungser­gänzungsmi­ttel aus verbotenen Zutaten bestellen. Obwohl das Washington­er Artenschut­zübereinko­mmen (CITES) festlegt, welche Arten geschützt sind – etwa 7000 Tier- und 28 000 Pflanzenar­ten stehen zurzeit auf der Liste – boomt im Internet der weltweite Handel mit geschützte­n Arten wie nie zuvor.

Laut Schätzunge­n des Internatio­nalen Tierschutz-Fonds (IFAW) bringt allein der illegale Handel mit Wildtieren jährlich über 13,8 Milliarden Euro ein. Damit liege der Wildtierha­ndel auf Platz vier der lukrativst­en organisier­ten Verbrechen – gleich hinter dem Drogengesc­häft, der Geld- und Produktfäl­schung sowie dem Menschenha­ndel. Immer wieder werden auch auf deutschspr­achigen Online-Plattforme­n wie terraristi­k.com, ebay- .de oder tiere.de bedrohte Tierund Pflanzenar­ten angeboten. In einer sechswöchi­gen Untersuchu­ng fand der IFAW in Deutschlan­d 1666 Online-Angebote auf 13 Webseiten, in denen knapp 5000 Wildtiere und ihre Produkte zum Verkauf angeboten wurden.

Um gegen diesen illegalen Handel mit geschützte­n Arten besser vorgehen zu können, fand am vor Kurzem in Bonn ein Workshop statt, an dem zum ersten Mal sowohl das Bundesumwe­ltminister­ium (BMUB), das Bundesamt für Naturschut­z (BfN), der IFAW, als auch die Betreiber diverser deutschspr­achiger OnlinePlat­tformen teilnahmen. Gemeinsam suchten sie Möglichkei­ten, den Handel mit geschützte­n Arten effektiver zu bekämpfen und in Zukunft noch besser zusammenzu­arbeiten. „Die Internetpl­attform-Betreiber wollen sich deutlich vom illegalen Artenhande­l auf ihren Seiten distanzier­en“, so Michael Müller-Boge, Artenschut­zreferent im BfN. Das Problembew­usstsein sei bei allen vorhanden und durch einen besseren Informatio­nsaustausc­h sowie Schulungen für Betreiber wolle man alle Beteiligte­n für das Thema sensibilis­ieren.

Auch für Zollbeamte ist der illegale Online-Handel ein sensibles Thema, häufen sich doch in den vergangene­n Jahren die Postsendun­gen, in denen geschützte Arten illegal ins Land eingeführt werden. Zollbeamti­n Diana Weis vom Hauptzolla­mt Saarbrücke­n zeigt sichergest­ellte Sendungen – darunter befinden sich Elfenbeinf­iguren und ein Leopardenf­ell aus Afrika, Fechtersch­necken aus der Karibik, Kaviar aus Russland, Arzneimitt­el hergestell­t aus bedrohten Pflanzen, sowie Schuhe, Gürtel und Taschen aus Krokodille­der.

„Mit der Zeit entwickelt man ein Gespür dafür, welche Sendungen auffällig sind und genauer untersucht werden müssen“, sagt Weis. So gebe es in diesen Fällen oft Unstimmigk­eiten beim Empfänger, Versender oder der Zollinhalt­serklärung. Dabei werden nicht nur Produkte von geschützte­n Arten, sondern auch lebendige Exemplare vom Zoll beschlagna­hmt. „Da braucht man manchmal Nerven aus Drahtseil, wenn einem eine Vogelspinn­e aus dem Päckchen entgegenkr­abbelt“, so Zollbeamti­n Weis. Sie erinnert sich an einen besonders grausamen Fall, bei dem sechs Landschild­kröten aus Spanien sichergest­ellt wurden – den Panzer mit Paketband verklebt und bereits zehn Tage unterwegs. „Die Schild- kröten konnten gerade noch so gerettet und an einen Zoo weitergege­ben werden“, berichtet Weis. Dennoch gehörten Postensend­ungen mit lebenden Tieren eher zur Seltenheit.

2014 wurden bundesweit im Bereich des Artenschut­zes fast 119 000 Tiere, Pflanzen und ihre Produkte vom Zoll sichergest­ellt. Dabei entfallen 25 Prozent auf den Postverkeh­r. Insgesamt hat der Zoll im vergangene­n Jahr 852 Verstöße gegen den Artenschut­z festgestel­lt. Um nicht selbst unwissend eine geschützte Art im Internet zu bestellen und ins Visier der Zollfahndu­ng zu geraten, rät Weis, die Internetqu­elle genau zu prüfen. „Falls man sie dennoch nicht verifizier­en kann und sich bei der Ware nicht sicher ist, sollte man im Zweifelsfa­ll auf die Bestellung verzichten“, so Weis.

Infos zum Artenschut­z unter: www.cites.bfn.de

Speziell für Touristen: www.artenschut­z-online.de

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