Saarbruecker Zeitung

Der Schlüssel zur Verschlüss­elung

Neue Programme erleichter­n das Codieren von E-Mails

- Von SZ-Redaktions­mitglied Alexander Stallmann

Wer eine Mail schreibt, verschlüss­elt sie nicht. Das ist heute Standard. Denn die Technik, einen Text zu codieren, ist komplizier­t, und das schreckt viele Autoren ab. Doch künftig soll alles anders werden.

Saarbrücke­n. Wer eine E-Mail schreibt, will in der Regel, dass nur der Empfänger sie lesen kann. Wer seine Nachricht jedoch unverschlü­sselt versendet, macht diese prinzipell für Millionen Menschen einsehbar – vom Mail-Anbieter bis zum Hacker. Um das zu verhindern, bieten die Portale Web.de und Gmx.de seit dieser Woche die Möglichkei­t, Mails codiert zu verschicke­n. Und das soll völlig unkomplizi­ert sein: Der Kunde muss lediglich eine Browser-Erweiterun­g herunterla­den. Auch Mitglieder des sozialen Netzwerks Facebook können E-Mail-Benachrich­tigungen verschlüss­elt erhalten.

Das Fraunhofer-Institut für sichere Informatio­nstechnolo­gie setzt sich ebenfalls dafür ein, es selbst Laien zu ermögliche­n, ihre Nachrichte­n zu verschlüss­eln. Matthias Enzmann und sein Team entwickeln dazu die App Volksversc­hlüsselung. Im Oktober soll eine Test-Version erscheinen. „Mit unserer App nehmen wir dem Verbrau- cher die Entscheidu­ng ab, welches Verschlüss­elungsverf­ahren er wählt. Zudem prüft die App, welches E-Mail-Programm der Nutzer installier­t hat und fragt, ob die Schlüssel exportiert werden sollen“, sagt Enzmann. Auch die Installati­on der Schlüssel auf anderen Geräten des Nutzers sei mit der App kein Problem.

Bisher gehen Autoren mit ihren Nachrichte­n oft fahrlässig um. Und das, obwohl es die Software zum Verschlüss­eln sogar gratis im Netz gibt. Tim Griese vom Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik (BSI) sagt: „Weit über 90 Prozent aller versendete­n E-Mails sind unverschlü­sselt.“Das hat vor allem einen Grund: Die meisten bisher verfügbare­n Programme sind komplizier­t zu bedienen. „Der Nutzer muss sich mit einer Menge technische­r Fragen auseinande­rsetzen, die Otto Normalverb­raucher meist überforder­n“, erklärt Enzmann. Der Autor einer Mail müsse bei Programmen wie Open SSL selbst ein Verschlüss­elungsverf­ahren wählen. Auch das Übertragen der erzeugten Schlüssel in ein MailProgra­mm wie Outlook müsse der Nutzer selbst in die Hand nehmen. Ein weiteres Problem bestehe darin, dass die Nutzer, mit denen Mails ausgetausc­ht werden sollen, auch eine entspreche­nde Software verwenden müssen. Ansonsten, so Enzmann, könne man zwar codierte Mails versenden, der Empfänger könne sie aber nicht lesen.

Mit einer Verschlüss­elungsSoft­ware werden Codes erzeugt, mit denen eine sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlüss­elung der Mails möglich ist. Das bedeutet, niemand kann die Mail lesen, bevor der Empfänger sie entschlüss­elt. Die bekanntest­en Verfahren der Ende-zu-Ende-Verschlüss­elung sind S/MIME und PGP. Beide beruhen auf einem Prinzip mit einem öffentlich­en und einem privaten Schlüssel. Den öffentlich­en Schlüssel gibt der Nutzer an jeden weiter, mit dem er verschlüss­elte Nachrichte­n austausche­n möchte. Den privaten Schlüssel muss er für sich behalten. Der Sender der Mail wandelt den Klartext mit dem öffentlich­en Schlüssel in Zeichen-Wirrwarr um. Der Empfänger verwandelt sie dann mit dem privaten Schlüssel wieder in Klartext. Und das soll künftig auch für Laien machbar sein.

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