Das Internet lernt das Vergessen
Suchmaschinen müssen auf Antrag Ergebnisse löschen
In der Theorie ist es ganz einfach. Wer sich durch InternetEinträge in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt sieht, kann verlangen, dass Suchmaschinen die Links zu diesen Texten löschen. In der Praxis spielen die Suchmaschinenbetreiber da aber oft nicht mit.
Saarbrücken. Das Internet kann doch vergessen. Es muss sogar. Und zwar, wenn Personen in einer Suchmaschine, nachdem sie beispielsweise ihren eigenen Namen gesucht haben, Ergebnisse finden, von denen sie ihre Privatsphäre verletzt sehen. Seit dem 13. Mai 2014 müssen Suchmaschinenanbieter gemäß einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) solche Links auf Antrag löschen (Az. C-131/ 12). Der Anbieter prüft in der Regel die Anfrage und kappt die Verbindung zwischen Suchmaschine und der Seite, auf der persönliche Daten über den Antragsteller veröffentlicht wurden. Die Suchmaschine vergisst.
Der Riesenkonzern Google etwa löscht nach eigenen Angaben nur, wenn „die Datenschutzrechte der betreffenden Person schwerer wiegen als das Interesse an der Verfügbarkeit der betreffenden Suchergebnisse“. Besteht also ein großes öffentliches Interesse am Inhalt einer Seite, lehnt Google den Antrag unter Umständen ab, und zwar „wenn es um Betrugsmaschen, berufliches Fehlverhalten, strafrechtliche Verurteilungen oder das öffentliche Verhalten von Amtsträgern geht“. In einem Transparenzbericht veröffentlichte Google Beispiele. Ein wegen des Besitzes von kin- derpornografischem Material verurteilter Priester aus Frankreich hat demnach Links zu Artikeln löschen lassen wollen, in denen über das Urteil und seinen Ausschluss aus der Kirche berichtet wurde. Google lehnte die Löschung der Links jedoch ab. Ein Lehrer aus Deutschland, der vor mehr als zehn Jahren wegen eines geringfügigen Vergehens verurteilt wurde, stellte ebenso einen Löschantrag. In diesem Fall entfernte Google die Verbindung zu einem Artikel über die Verurteilung.
Mehr als 280 000 solcher Anfragen seien laut Google bislang eingegangen, davon etwa 49 000 aus Deutschland. Links zu Facebook sind mit über 8123 Fällen laut Google die am häufigstens entfernten Suchergebnisse.
Googles Absicht, Transparenz zu zeigen, zweifelt das Recherchebüro Correct!v allerdings an. Gemeinsam mit Journalisten der britischen Tageszeitung The Guardian veröffentlichte es Zahlen, die Google in seinem Transparenzbericht so nicht preisgibt. Im Quelltext der betreffenden Internetseite wollen sie herausgefunden haben, dass mehr als 95 Prozent der Anfragen an Google in die Kategorie „Privates und Persönliches“fielen. Antragsteller wären demzufolge seltener, wie vom Internetriesen angegeben, verurteilte Straftäter oder Personen des öffentlichen Lebens, sondern Privatpersonen.
Einen Treffer aus der Liste einer Suchmaschine entfernen zu lassen, ist übrigens nicht gleichbedeutend mit der Löschung der Information auf der betreffenden Internetseite. Auf den Inhalt der Zielseiten haben die Suchmaschinenbetreiber keinen Einfluss.
8123 Links zu der Plattform Facebook sind von Google bereits entfernt worden.