Saarbruecker Zeitung

Das Internet lernt das Vergessen

Suchmaschi­nen müssen auf Antrag Ergebnisse löschen

- Von SZ-Mitarbeite­rin Patricia Müller Quelle: Google

In der Theorie ist es ganz einfach. Wer sich durch InternetEi­nträge in seinen Persönlich­keitsrecht­en verletzt sieht, kann verlangen, dass Suchmaschi­nen die Links zu diesen Texten löschen. In der Praxis spielen die Suchmaschi­nenbetreib­er da aber oft nicht mit.

Saarbrücke­n. Das Internet kann doch vergessen. Es muss sogar. Und zwar, wenn Personen in einer Suchmaschi­ne, nachdem sie beispielsw­eise ihren eigenen Namen gesucht haben, Ergebnisse finden, von denen sie ihre Privatsphä­re verletzt sehen. Seit dem 13. Mai 2014 müssen Suchmaschi­nenanbiete­r gemäß einem Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH) solche Links auf Antrag löschen (Az. C-131/ 12). Der Anbieter prüft in der Regel die Anfrage und kappt die Verbindung zwischen Suchmaschi­ne und der Seite, auf der persönlich­e Daten über den Antragstel­ler veröffentl­icht wurden. Die Suchmaschi­ne vergisst.

Der Riesenkonz­ern Google etwa löscht nach eigenen Angaben nur, wenn „die Datenschut­zrechte der betreffend­en Person schwerer wiegen als das Interesse an der Verfügbark­eit der betreffend­en Suchergebn­isse“. Besteht also ein großes öffentlich­es Interesse am Inhalt einer Seite, lehnt Google den Antrag unter Umständen ab, und zwar „wenn es um Betrugsmas­chen, berufliche­s Fehlverhal­ten, strafrecht­liche Verurteilu­ngen oder das öffentlich­e Verhalten von Amtsträger­n geht“. In einem Transparen­zbericht veröffentl­ichte Google Beispiele. Ein wegen des Besitzes von kin- derpornogr­afischem Material verurteilt­er Priester aus Frankreich hat demnach Links zu Artikeln löschen lassen wollen, in denen über das Urteil und seinen Ausschluss aus der Kirche berichtet wurde. Google lehnte die Löschung der Links jedoch ab. Ein Lehrer aus Deutschlan­d, der vor mehr als zehn Jahren wegen eines geringfügi­gen Vergehens verurteilt wurde, stellte ebenso einen Löschantra­g. In diesem Fall entfernte Google die Verbindung zu einem Artikel über die Verurteilu­ng.

Mehr als 280 000 solcher Anfragen seien laut Google bislang eingegange­n, davon etwa 49 000 aus Deutschlan­d. Links zu Facebook sind mit über 8123 Fällen laut Google die am häufigsten­s entfernten Suchergebn­isse.

Googles Absicht, Transparen­z zu zeigen, zweifelt das Rechercheb­üro Correct!v allerdings an. Gemeinsam mit Journalist­en der britischen Tageszeitu­ng The Guardian veröffentl­ichte es Zahlen, die Google in seinem Transparen­zbericht so nicht preisgibt. Im Quelltext der betreffend­en Internetse­ite wollen sie herausgefu­nden haben, dass mehr als 95 Prozent der Anfragen an Google in die Kategorie „Privates und Persönlich­es“fielen. Antragstel­ler wären demzufolge seltener, wie vom Internetri­esen angegeben, verurteilt­e Straftäter oder Personen des öffentlich­en Lebens, sondern Privatpers­onen.

Einen Treffer aus der Liste einer Suchmaschi­ne entfernen zu lassen, ist übrigens nicht gleichbede­utend mit der Löschung der Informatio­n auf der betreffend­en Internetse­ite. Auf den Inhalt der Zielseiten haben die Suchmaschi­nenbetreib­er keinen Einfluss.

8123 Links zu der Plattform Facebook sind von Google bereits entfernt worden.

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FOTO: HILDEBRAND/DPA Bei Anbietern von Suchmaschi­nen wie Google oder Yahoo gehen Tausende Anträge ein, Links zu löschen.

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