Saar-Polizei: Räuber bekamen Tipp von Versicherungsagentin
Agenturmitarbeiterin soll Bande über Wertsachen einer Kundin informiert haben
Saarbrücken. Wegen des Verdachts der Beihilfe zum versuchten schweren Raub ermittelt die Saarbrücker Staatsanwaltschaft gegen eine 30 Jahre alte Mitarbeiterin einer Versicherungsagentur. Die Frau soll der sogenannten Folterbande mindestens in einem Fall Tipps für einen lohnenden Beutezug gegeben haben. Dazu nutzte sie Unterlagen zur Hausratsversicherung. Ihr Büro wurde durchsucht. Die Versicherung hat ihre Suspendierung veranlasst. >
Die als „Folterbande“bekannten Räuber wurden angeblich von einer Mitarbeiterin einer Versicherungsagentur informiert, wo sie fette Beute machen können. Die Frau kannte Details der Hausratversicherung.
Saarbrücken. Wenn Kriminalisten und Strafverfolger im Saarland von der „Folterbande“sprechen, meinen sie eine Gruppe von mindestens fünf Männern im Alter zwischen 24 und 39 Jahren, die aus BosnienHerzegowina und Serbien stammen. Drei von ihnen sitzen hinter Gittern, müssen langjährige Haftstrafen wegen brutaler Raubüberfälle auf wehrlose Opfer verbüßen. Fahnder der Saar-Polizei waren ihnen auf die Spur gekommen. So geht unter anderem ein Raubüberfall auf ihr Konto, bei dem sie einen Rentner nachts in Saarlouis in seinem Schlaf- zimmer überwältigten und grausam folterten. Mit einem heißen Bügeleisen verbrannten sie seine Beine und Fußsohlen, schnitten ihm mit einem Messer in die Füße, bis der Rentner preisgab, wo er sein Geld versteckt hatte. Nach SZ-Informationen ermittelt die Staatsanwaltschaft Saarbrücken in vergleichbaren Fällen, die im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen für Aufsehen gesorgt haben.
Wer aber waren die Tippgeber der „Folterbande“, die angeblich im Erfolgsfall sogar ihre Informanten an der Beute beteiligt haben sollen? Ein Mitglied der Bande mit strenger hierarchischer Struktur hat kürzlich in einer Vernehmung geplaudert. Demnach kamen zumindest in einem Fall die konkreten Informationen über Wertgegenstände in einem Haus im Saarbrücker Stadtteil Scheidt von einer 30-jährigen Mitarbeiterin einer Generalagentur der Saarland-Versiche- rung in Sulzbach. Deren Kundin hatte Fotos von Schmuck, Münzen und anderen Wertsachen auf einer CD gespeichert und vorsorglich zu den Unterlagen ihrer Hausratversicherung gegeben. Der Ehemann der Agenturmitarbeiterin hatte angeblich Kontakte zu dem 39jährigen Bandenchef G., der über diese Schiene auch erfahren haben soll, wo genau sich ein Tresor befindet und wann die Eigentümerin der Immobilie in Urlaub weilt. Am 6. April 2012 brach die fünfköpfige Bande spät abends in das Haus ein. Das Anwesen war aber nicht unbewohnt. In einer Etage saß eine heute 77-jährige Frau vor dem Fernsehen. Während ihre Nichte aus dem Haus fliehen und Hilfe alarmieren konnte, rissen die Räuber die Seniorin um und warfen sie zu Boden. Sie erlitt Prellungen und Stauchungen und einen schweren Schock. Die Täter flüchteten ohne Beute.
In dieser Woche tauchten die Ermittler jetzt bei der Mitarbeiterin der Generalagentur auf, durchsuchten das Büro, beschlagnahmten Unterlagen. Dies bestätigte Pressestaatsanwältin Isabelle Michels gegenüber der SZ. Jetzt wollen die Ermittler klären, ob möglicherweise noch weitere Kunden der Versicherungsagentur Opfer von Einbrüchen oder Raubzügen wurden. Auch in der Zentrale der Saarland-Versicherung präsentierten Kriminalbeamte einen Durchsuchungsbeschluss. Die Staatsanwaltschaft betonte, die Versicherung sei kooperativ gewesen, habe Unterlagen freiwillig zur Verfügung gestellt. Saarland-Vorstandschef Dirk Hermann erklärte gegenüber unserer Zeitung, sein Haus habe sofort darauf gedrängt, dass die Generalagentur die Frau suspendiere. Er gehe bislang davon aus, dass nur eine Kundin betroffen ist und die Mitarbeiterin unter Druck gesetzt wurde, damit sie die Informationen lieferte.