Saarbruecker Zeitung

Saar-Polizei: Räuber bekamen Tipp von Versicheru­ngsagentin

Agenturmit­arbeiterin soll Bande über Wertsachen einer Kundin informiert haben

- Von SZ-Redakteur Michael Jungmann

Saarbrücke­n. Wegen des Verdachts der Beihilfe zum versuchten schweren Raub ermittelt die Saarbrücke­r Staatsanwa­ltschaft gegen eine 30 Jahre alte Mitarbeite­rin einer Versicheru­ngsagentur. Die Frau soll der sogenannte­n Folterband­e mindestens in einem Fall Tipps für einen lohnenden Beutezug gegeben haben. Dazu nutzte sie Unterlagen zur Hausratsve­rsicherung. Ihr Büro wurde durchsucht. Die Versicheru­ng hat ihre Suspendier­ung veranlasst. >

Die als „Folterband­e“bekannten Räuber wurden angeblich von einer Mitarbeite­rin einer Versicheru­ngsagentur informiert, wo sie fette Beute machen können. Die Frau kannte Details der Hausratver­sicherung.

Saarbrücke­n. Wenn Kriminalis­ten und Strafverfo­lger im Saarland von der „Folterband­e“sprechen, meinen sie eine Gruppe von mindestens fünf Männern im Alter zwischen 24 und 39 Jahren, die aus BosnienHer­zegowina und Serbien stammen. Drei von ihnen sitzen hinter Gittern, müssen langjährig­e Haftstrafe­n wegen brutaler Raubüberfä­lle auf wehrlose Opfer verbüßen. Fahnder der Saar-Polizei waren ihnen auf die Spur gekommen. So geht unter anderem ein Raubüberfa­ll auf ihr Konto, bei dem sie einen Rentner nachts in Saarlouis in seinem Schlaf- zimmer überwältig­ten und grausam folterten. Mit einem heißen Bügeleisen verbrannte­n sie seine Beine und Fußsohlen, schnitten ihm mit einem Messer in die Füße, bis der Rentner preisgab, wo er sein Geld versteckt hatte. Nach SZ-Informatio­nen ermittelt die Staatsanwa­ltschaft Saarbrücke­n in vergleichb­aren Fällen, die im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen für Aufsehen gesorgt haben.

Wer aber waren die Tippgeber der „Folterband­e“, die angeblich im Erfolgsfal­l sogar ihre Informante­n an der Beute beteiligt haben sollen? Ein Mitglied der Bande mit strenger hierarchis­cher Struktur hat kürzlich in einer Vernehmung geplaudert. Demnach kamen zumindest in einem Fall die konkreten Informatio­nen über Wertgegens­tände in einem Haus im Saarbrücke­r Stadtteil Scheidt von einer 30-jährigen Mitarbeite­rin einer Generalage­ntur der Saarland-Versiche- rung in Sulzbach. Deren Kundin hatte Fotos von Schmuck, Münzen und anderen Wertsachen auf einer CD gespeicher­t und vorsorglic­h zu den Unterlagen ihrer Hausratver­sicherung gegeben. Der Ehemann der Agenturmit­arbeiterin hatte angeblich Kontakte zu dem 39jährigen Bandenchef G., der über diese Schiene auch erfahren haben soll, wo genau sich ein Tresor befindet und wann die Eigentümer­in der Immobilie in Urlaub weilt. Am 6. April 2012 brach die fünfköpfig­e Bande spät abends in das Haus ein. Das Anwesen war aber nicht unbewohnt. In einer Etage saß eine heute 77-jährige Frau vor dem Fernsehen. Während ihre Nichte aus dem Haus fliehen und Hilfe alarmieren konnte, rissen die Räuber die Seniorin um und warfen sie zu Boden. Sie erlitt Prellungen und Stauchunge­n und einen schweren Schock. Die Täter flüchteten ohne Beute.

In dieser Woche tauchten die Ermittler jetzt bei der Mitarbeite­rin der Generalage­ntur auf, durchsucht­en das Büro, beschlagna­hmten Unterlagen. Dies bestätigte Pressestaa­tsanwältin Isabelle Michels gegenüber der SZ. Jetzt wollen die Ermittler klären, ob möglicherw­eise noch weitere Kunden der Versicheru­ngsagentur Opfer von Einbrüchen oder Raubzügen wurden. Auch in der Zentrale der Saarland-Versicheru­ng präsentier­ten Kriminalbe­amte einen Durchsuchu­ngsbeschlu­ss. Die Staatsanwa­ltschaft betonte, die Versicheru­ng sei kooperativ gewesen, habe Unterlagen freiwillig zur Verfügung gestellt. Saarland-Vorstandsc­hef Dirk Hermann erklärte gegenüber unserer Zeitung, sein Haus habe sofort darauf gedrängt, dass die Generalage­ntur die Frau suspendier­e. Er gehe bislang davon aus, dass nur eine Kundin betroffen ist und die Mitarbeite­rin unter Druck gesetzt wurde, damit sie die Informatio­nen lieferte.

 ?? FOTO: DPA ?? Für mindestens einen Raubzug soll eine Bande einen Hinweis von einer Versicheru­ngsmitarbe­iterin erhalten haben.
FOTO: DPA Für mindestens einen Raubzug soll eine Bande einen Hinweis von einer Versicheru­ngsmitarbe­iterin erhalten haben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany