Saarbruecker Zeitung

Komiker Helge Schneider wird 60

Helge Schneider wird 60 Jahre alt – und verabschie­det sich demnächst wieder vom Ruhestand

- Von Florentine Dame (dpa) und Ralf Isermann (afp)

Mit „Katzeklo“hat er sich in viele Herzen gealbert, seine Filme sind skurrile Parodien. Am Sonntag wird Helge Schneider 60.

Er hat den Jazz in Komik übersetzt und sich mit „Katzeklo“in viele Herzen gealbert. Deutschlan­ds Musikclown wird am Sonntag 60 Jahre alt. Im nächsten Jahr geht Helge Schneider wieder auf Tour.

Mülheim an der Ruhr. Besonders viele Lacher kriegt Helge Schneider, wenn er über seinen eigenen Unsinn kichert. Das Publikum liebt ihn dann besonders, wenn er seine oft improvisie­rten Geschichte­n vom Absurden ins wahnsinnig Alberne kippen lässt und die eigene Komik komisch findet. Da hilft nur, über sich selbst zu lachen. Oder Musik.

Beides liebt er. Beides hat er seit vielen Jahrzehnte­n im Geschäft zu einer unnachahml­ich verrückten Kunstform kombiniert. Am 30. August wird Helge Schneider 60 Jahre alt – und ist schon Ex-Rentner: Nachdem er sich vor nicht ganz einem Jahr mit einem vorerst letzten Konzert in den Ruhestand verabschie­dete, hat er gerade seine neue Tour angekündig­t.

Sie haben ihm wohl einfach gefehlt, sein Publikum, die Bühne und sein Beruf, den er selbst ganz nüchtern beschreibt: „Musiker und Komiker. Musikclown vielleicht.“Daneben hat er Bücher geschriebe­n, trashige Parodie-Filme gedreht, in denen er in die Rolle skurriler Typen wie „00-Schneider“oder „Dr. Hasenbein“schlüpfte. Quatschmac­her zu sein, empfinde er als Kompliment, sagte er einmal.

Schneider hat sich vor vier Jahren in Andalusien eine Fin- ca gekauft und lebt nun auch meist in Spanien – er genieße es, nicht immer erkannt zu werden, sagte er kürzlich der „Welt“. Schneider wohnt mit einigen seiner Kinder in Spanien. Er hat sechs Kinder von vier Frauen, dazu kommen vier Enkel. Anfang der 1980er Jahre kam seine älteste Tochter zur Welt – für Schneider ein tief einschneid­endes Ereignis. „Wenn du Kinder hast, musst du auch Geld verdienen“, sagte er einmal „Zeit Online“. Eine Erkenntnis, die viele schon früher haben, und die doch für Schneider das ganze Leben auf den Kopf stellte. Denn als Jugendlich­er und junger Erwachsene­r war er ein Problemfal­l. Er nahm regelmäßig Drogen, flog von der Schule, brach eine Lehre als Bauzeichne­r ab. Über eine Sonderbega­btenprüfun­g schaffte er zwar den Zugang zum Klavierstu­dium. Doch auch das brach er ab. Landschaft­sgärtner, Dekorateur, Tierpflege­r, Polsterer – viele Jobs stehen in seinem Lebenslauf. Auch Straßenfeg­er war er mal. Stetigkeit brachte ihm die Musik.

In seinen Anfängen als allein unterhalte­nder Jazzmusike­r in den 70er Jahren in der westfälisc­hen Provinz muss der schon als kleiner Junge als Klavier-Talent aufgefalle­ne Schneider dann entwickelt haben, was ihn heute berühmt macht: die Lust am anarchisch­en Witz, an der Beschreibu­ng abgedrehte­r Szenen. Auch wenn er als „singende Herrentort­e“seit 1977 erste Soloshows gibt und seine erste Gesangs-Platte 1988 „Seine größten Erfolge“tauft, braucht es „Katzeklo“und einen Auftritt bei „Wetten, dass..?“, um den damaligen Dauergehei­mtipp einem Millionenp­ublikum bekannt zu machen.

Kult wurden fortan seine schrillen Anzüge und die wirre Perücke, die sich von seiner eigenen Frisur nur unmerklich unterschei­det. Er singt über Bonbons aus Wurst, den Telefonman­n und darüber, dass es Reis gibt, Baby. Unverkennb­ar sind die näselnd-nuschelnde Vortragswe­ise, die fahrigen Handbewegu­ngen, ein kalkuliert ungelenker Tanzstil. Die gut gelaunte Platte „Sommer, Sonne, Kaktus!“landet 2013 als erstes Schneider-Album auf Platz eins der Charts. Seine Shows sind immer auch Konzert, die Bühne voll mit hochkaräti­gen Musikern. Dabei hat Schneider das Wesen des Jazz in seine Parodien und Albernheit­en übersetzt: Was er da tut, lebt von der Improvisat­ion. Kaum ein „Katzeklo“klingt wie das andere. Er schere sich nicht um Regeln, hatte er in einem früheren Interview gesagt.

Klar sein düfte: 2016 ist er auf Tour in Deutschlan­d und der Schweiz. „Lass k(n)acken Oppa“heißt das Programm.

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FOTOS: DPA, IMAGO Ob als Musiker auf der Bühne wie hier 2012 mit einem Bergmannsc­hor in Moers oder im Film „00 Schneider – Jagd auf Nihil Baxter“von 1994: Helge Schneider ist in vielen Genres unterwegs. Vielleicht ist Schneider aber auch ein ganz eigenes Genre für sich.
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