Cindy Roleder sprintet zu WM-Silber
Leichtathletik-WM: Roleder läuft sensationell zu Silber über 100 Meter Hürden – Zehnkämpfer in Lauerstellung
Damit hatte kaum jemand gerechnet – Cindy Roleder selbst konnte es auch kaum fassen. Die Leipzigerin holte gestern bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Peking die Silber-Medaille über 100 Meter Hürden. „Ich hätte niemals gedacht, dass ich eine Medaille gewinne. Das ist ein Traum“, sagte die 26-Jährige nach ihrem sensationellen Coup.
Anfang 2014 hing Cindy Roleder ihre Hürden-Spikes an den Nagel und widmete sich dem Siebenkampf. Seit Freitag ist sie VizeWeltmeisterin – über die 100 Meter Hürden. „Das ist ein Traum“, sagte die Leipzigerin.
Peking. Gebannt schaute Cindy Roleder hoch zur Anzeigentafel. Die Sekunden wurden unerträglich lang, Roleder immer ungeduldiger. Doch dann die Erlösung. Silber. 12,59 Sekunden. Roleder konnte es nicht fassen, schlug die Hände vor ihr Gesicht, schüttelte immer wieder mit dem Kopf. Der Rest war grenzenloser Jubel. „Ich kann es gar nicht fassen. Das war das Rennen meines Lebens“, sagte Roleder nach ihrem sensationellen Hürden-Coup bei der Leichtathletik-WM in Peking: „Ich hätte niemals gedacht, dass ich eine Medaille gewinne. Das ist ein Traum.“
Die Leipzigerin pulverisierte ihre Bestleistung im alles entscheidenden Moment und musste sich am Ende nur der neuen Weltmeisterin Danielle Williams aus Jamaika (12,57) geschlagen geben. Bronze holte die Weißrussin Alina Talaj (12,66). Erst sieben Deutsche sind je schneller durch den Hürdenwald gerannt als Roleder. Sie gewann damit die sechste Medaille für das deutsche Team in Peking – und das völlig unerwartet. Roleder war noch gar nicht geboren, als die DDRSprinterinnen Gloria Uibel (Silber) und Cornelia Oschkenat (Bronze) 1987 die bisher letzten deutschen Hürden-WM-Medaillen gewonnen hatten.
Mit der Deutschland-Fahne um die Schultern gewickelt, ließ sich Roleder von den Fans im „Vogelnest“gebührend feiern. Dass eine Medaille zum Greifen nahe ist, hatte die Polizeimeisterin bereits im Halbfinale gezeigt. Schon da lief die Blondine in 12,79 Sekunden Bestleistung – und die Mitfavoritinnen verabschiedeten sich reihenweise. Peking- Olympiasiegerin Dawn Harper-Nelson aus den USA stürzte, ihre Landsfrau Kendra Harrison, viertschnellste in diesem Jahr, verpasste nach einem Fehlstart ebenfalls das Finale.
Und so nutzte Roleder die Chance ihres Lebens. „Ich wusste, dass ich weit vorne war, und dann kann man einfach nur hoffen“, sagte Roleder über das bange Warten, bis endlich ihre Platzierung auf der riesigen Leinwand erschien: „Als Platz zwei da stand, ist mir kurz das Herz stehengeblieben.“
Dabei hatte Roleder Anfang 2014 ihre Hürden-Spikes schon an den Nagel gehängt. Nach einigen Dämpfern wollte sie sich ganz auf den Siebenkampf konzentrieren, doch von ihrer alten Liebe konnte sie dann doch nicht lassen. Bei der EM in Zürich war sie dann auch über die Hürden am Start und holte Bronze, jetzt folgte der sensationelle Hürden-Coup. „Ich mache genau so weiter“, sagte Roleder mit Blick auf Olympia in Rio: „Ich werde weiter Siebenkampf trainieren. Dann schaue ich mir weiter die Hürden an.“
Das deutsche ZehnkampfTrio peilt derweil Bronze an. Direkt hinter dem überragenden Ashton Eaton (USA) und dem Kanadier Damian Warner liegen Rico Freimuth, Kai Kazmirek und Michael Schrader in Lauerstellung. „Das war ein super geiler Tag“, sagte Freimuth, der zur Halbzeit die besten Chancen auf das Podest hat und mit 4406 Punkten auf Rang drei liegt. Nur fünf Zähler weniger sammelte bisher Kazmirek, Schrader hat etwas Rückstand (4355). Der 28 Jahre alte Vizeweltmeister kann mit seinem starken zweiten Tag aber noch nach vorne kommen.
Titelverteidiger Eaton lässt bisher keine Zweifel aufkommen, dass er erneut ganz oben stehen will. Der 27 Jahre alte Weltrekordhalter führt das Feld souverän an (4703) und glänzte zum Abschluss des ersten Tages mit 45,00 Sekunden über die 400 Meter. Nie zuvor war ein Zehnkämpfer so schnell die Stadionrunde gerannt. „Kann ich die Uhr nochmal sehen? Ich glaube das gar nicht“, sagte Eaton nach dem Fabellauf.