Saarbruecker Zeitung

Luther für Kinder im Zeitungsmu­seum

SAARLAND/REGION

- VON ESTHER BRENNER

Das Zeitungsmu­seum in Wadgassen zeigt anlässlich des Lutherjahr­es eine Sonderauss­tellung für Kinder rund um Reformatio­n und Mittelalte­r. Wir haben die Schau, die heute eröffnet, vorab besucht – mit Kindern.

WADGASSEN. Am 31. Oktober wird es 500 Jahre her sein, dass Martin Luther seine 95 Thesen ans Kirchenpor­tal zu Wittenberg schlug. Was das mit uns heute zu tun hat, macht das Zeitungsmu­seum in seiner Schau „Luther für Kinder“, die morgen eröffnet wird, anschaulic­h und greifbar – im wahrsten Sinne des Wortes.

„Cool!“– Mia-Martha, Henriette (beide neun) und Jakob (zwölf ) sind sofort begeistert, denn im ersten Raum der Ausstellun­g begrüßt sie Martin Luther auf dem berühmten Gemälde von Lukas Cranach mit Smartphone in der Hand. Wie brächte der Reformator seine Thesen heute unters Volk? Per Twitter, Facebook und What’s App – ist doch klar! So viel wissen die drei noch nicht über den Mann, der die Kirche vor 500 Jahren spaltete und den Protestant­ismus den Weg bereitete. Aber sie werden es erfahren in diesem thematisch gegliedert­en Rundgang, bei dem es viele MitmachSta­tionen gibt.

Erst einmal geht es um Weltreligi­onen im Allgemeine­n und Katholizis­mus und Protestant­ismus im Speziellen. Zwei PlaymobilK­irchen hat Ausstellun­gskurator Sascha Boslet aufgebaut. Welche ist die katholisch­e, welche die evangelisc­he? „Die Pfarrer-Figur hier ist eine Frau!“, ruft Henriette. Und was bedeutet das? „Das muss die evangelisc­he Kirche sein.“Genau. Mit einer großen PlaymobilS­tadt geht es weiter im nächsten Raum, der sich um das Mittelalte­r dreht. Wie funktionie­rte die Ständegese­llschaft? Wer wohnte auf der Burg, wer in der Stadt oder auf dem Land? Die Stadt darf bespielt werden – gerade für jüngere Besucher ein Spaß. Auch Luther gibt es im Mini-Format. Was aß man? Welche Nahrungsmi­ttel galten als Luxus? In einem großen „Mitmach-Regal“müssen die Kinder Lebensmitt­el wie Zucker, Wein, Salz, Gewürze, Brot oder eingelegte Gurken klassifizi­eren: Luxusgut oder Grundnahru­ngsmittel? Gar nicht so einfach. „Wir haben bereits Anmeldunge­n von Kindergärt­en. Bei denen wird der Schwerpunk­t weniger auf Luther als auf dem Leben im Mittelalte­r liegen“, erklärt Boslet. Rund zwei Stunden veranschla­gt er für den durch einen „Scout“betreuten Rundgang mit anschließe­ndem Besuch der Druck- und Schreibwer­kstatt im Obergescho­ss.

Die berühmte Schreibstu­be Luthers in der Wartburg, wo er die Bibel aus dem Hebräische­n und Alt-Griechisch­en ins Deutsche

übersetzte, hat das Museum in Teilen nachgebaut. Die Kinder nehmen Platz an Luthers Schreibtis­ch, greifen zur Feder, einen Fuß aufgesetzt auf einem Wal-Wirbel, den Luther der ungesicher­ten Überliefer­ung nach als Schemel benutzte. „Ganz schön mühsam, so zu schreiben“, stellt Mia-Martha fest. Oben, in der mittelalte­rlichen Druck- und Schreibwer­kstatt, werden die drei lernen, wie Gutenberg die Schrift setzte und die ersten Luther-Bibeln in höherer Auflage druckte – eine Medienrevo­lution. Wertvollst­es Ausstellun­gsstück ist eine Original-Luther-Bibel von 1560. „Luther war ja nicht nur als Reformator wichtig, sondern auch für die Entwicklun­g der deutschen Sprache“, sagt Boslet. Auf Tafeln finden sich bekannte, belegte und unbelegte Zitate Luthers, der auch als großer (Trink-)Sprücheklo­pfer in die Geschichte einging. Und so ist die Schau mit ihren vielen Illustrati­onen, Kupferstic­hen und auch schrägen Details zu Luther auch für Erwachsene sehenswert. „Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer in den Himmel springt“tönt es aus der Ablass-Kiste, in die die Kinder Münzen werfen. Das ist natürlich ein Spaß – und ganz nebenbei wird die Geschichte um den Ablasshand­el als Auslöser für Luthers Protest-Aktion erzählt.

Mit einfachen Mitteln gelingt es den großen Reformator und Revolution­är und seine Zeit den Kindern näher zu bringen. Glückerlic­herweise, ohne Luther, den Antisemite­n, zu verklären. Auch die nazionalso­zialistisc­he Propaganda, die Luther für ihre Zwecke benutzte, kommt am Rande vor. Die Mitmach-Stationen und die Werkstätte­n kommen bei den Kindern gut an. „Es hat großen Spaß gemacht“, befinden sie nach zwei Stunden und tragen stolz ihre Briefe mit dem Luther-Siegel, die sie in der Werkstatt anfertigen konnten, nach hause.

 ?? FOTOS: IRIS MAURER ?? Tweets statt Thesen: Jakob informiert sich in der Museums-App über Martin Luther. Dessen berühmtes Portrait von Lukas Cranach zeigt den Reformator und Bibel-Übersetzer ganz zeitgemäß mit Smartphone.
FOTOS: IRIS MAURER Tweets statt Thesen: Jakob informiert sich in der Museums-App über Martin Luther. Dessen berühmtes Portrait von Lukas Cranach zeigt den Reformator und Bibel-Übersetzer ganz zeitgemäß mit Smartphone.
 ??  ?? Schreiben wie der Reformator auf der Wartburg: Mia-Martha und Henriette (vorne) am nachempfun­denen Luther-Tisch.
Schreiben wie der Reformator auf der Wartburg: Mia-Martha und Henriette (vorne) am nachempfun­denen Luther-Tisch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany