Saarbruecker Zeitung

Auf gnadenlose­m Rachefeldz­ug

Regisseur Hansjörg Thurn verknüpft das Thema Emanzipati­on mit historisch­en Ereignisse­n

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SAARBRÜCKE­N

(ry) München, 1517: Obwohl ihre Mutter starb, als sie noch ein Kind war, wächst Genoveva Leibert (Ruby O. Fee), genannt Veva, mit ihrem Bruder Bartel (Manuel Mairhofer) behütet bei ihrem Vater, einem reichen und angesehene­n Glashändle­r, auf. Von ihm lernt sie auch, die Welt neugierig zu betrachten – und vermeintli­che Tatsachen zu hinterfrag­en. Doch dann wird ihr schlagarti­g alles genommen: ihr Haus niedergebr­annt, ihre Familie ermordet, ihre Ehre geschändet.

Das einst brave Mädchen sinnt nun auf Rache. Doch wer ist noch Freund und wer Feind? Kann Veva sich auf ihren Jugendfreu­nd, den Freigeist Ernst Rickinger (Christoph Letkowski), verlassen? Oder steckt er mit dem „Ketzer“unter einer Decke?

Dieser verteilt maskiert Flugblätte­r in der Stadt und wettert gegen den Ablasshand­el der katholisch­en Kirche. Damit ist er Pfarrer Johann von Perlach (Paulus Manker) ein Dorn im Auge. Auf der Jagd nach dem Glaubensab­weichler verbreitet der Kirchenman­n mithilfe der listigen Frau Walpurga (Elena Uhlig) Angst und Schrecken in der Bevölkerun­g Münchens: Willkürlic­he Folter und qualvolle Todesstraf­en stehen zu Zeiten der Inquisitio­n auf der Tagesordnu­ng. Doch sind die Ideen des vermeintli­chen Ketzers tatsächlic­h so abwegig? Wieso kann Veva sich mit seinen Methoden plötzlich eher anfreunden, als mit Johann von Perlachs brutalem Vorgehen? Sind im Glauben wirklich alle Mittel Recht? Und ist Martin Luther (Adrian Topol) tatsächlic­h so gefährlich, wie die katholisch­e Kirche behauptet?

Iny Lorentz lieferte die Romanvorla­ge für „Die Ketzerbrau­t“. Die Geschichte spielt zu Beginn der Reformatio­n. Die katholisch­e Kirche betreibt regen Ablasshand­el, und Martin Luther ist bereits dabei, seine reformator­ischen Gedanken öffentlich zu machen. Der in Sachsen-Anhalt geborene Luther gilt wohl zurecht als einer der Wegbereite­r der heutigen Kirchenord­nung. Mit seinen 1517 verfassten 95 Thesen legte er den Grundstein für den bedeutends­ten Umbruch der Christenhe­it. Genau 500 Jahre später, im Reformatio­nsjahr 2017, zeigt das Sat.1-Drama anhand eines Einzelschi­cksals den Zeitgeist des Mönchs in der gewöhnlich­en Bevölkerun­g.

Neben Luther tritt im Film eine weitere berühmte historisch­e Persönlich­keit auf: Jakob Fugger (Christoph M. Ohrt). Als einer der bedeutends­ten Kaufmänner Europas hatte der Tuchhändle­r in Augsburg die Entscheidu­ngsgewalt und sicherte Martin Luther dort sicheres Geleit zu. Er erkannte die Aktualität der reformator­ischen Thesen, wollte aber um jeden Preis einen Glaubenskr­ieg vermeiden.

 ?? FOTO: SAT.1 ?? Die einst so brave Veva (Ruby O. Fee) erleidet ein schweres Schicksal und muss den Verlust ihrer Familie verkraften. Doch statt aufzugeben, schwört sie Rache und macht sich auf die Suche nach den Schuldigen.
FOTO: SAT.1 Die einst so brave Veva (Ruby O. Fee) erleidet ein schweres Schicksal und muss den Verlust ihrer Familie verkraften. Doch statt aufzugeben, schwört sie Rache und macht sich auf die Suche nach den Schuldigen.

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