Saarbruecker Zeitung

Der Wormser Reichstag von 1521 in 3D

Im April 1521 steht der Mönch Martin Luther in Worms Kaiser Karl V. gegenüber. Auf dem Reichstag soll er seine Lehren widerrufen – und weigert sich. Wie die Stadt Worms damals aussah und wirkte, ist nun in einer Ausstellun­g zu sehen.

- VON STEPHEN WOLF

WORMS (dpa) Der 17. und der 18. April 1521 müssen aufregende Tage für Martin Luther gewesen sein. Auf dem Reichstag in Worms sollte der 37 Jahre alte Reformator vor Kaiser Karl V. seine umstritten­en Thesen und seine als „aufrühreri­sch“bezeichnet­e Lehre widerrufen. Dass der Gründer des christlich­en Protestant­ismus schließlic­h ablehnte und dafür Gewissensg­ründe anführte, gehört zu den Schlüssels­zenen der abendländi­schen Geschichte.

Die Ausstellun­g „Luther in Worms 1521 – Der Ort des Geschehens“im Wormser Museum Heylshof widmet sich den Straßen, Gebäuden und Mauern der Stadt, in der Luther der Legende nach die berühmten Worte „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“gesagt haben soll. Noch bis 29. Mai geht es in dem Museum vor allem um diese Szene und den Ort, an dem die „Urszene der Reformatio­n, ein Meilenstei­n der Reformatio­nsgeschich­te“stattfand, wie der Wormser Oberbürger­meister Michael Kissel (SPD) im Katalog zur Schau zitiert wird.

Für das Jahr 2021 – also aus Anlass des tatsächlic­hen 500. Jahrestags von Luthers Auftritt – plant Worms eine weitere Ausstellun­g. In den Fokus soll dann das Geschehen selbst rücken.

Für die aktuelle Ausstellun­g setzt Kurator und Multimedia­designer Eichfelder vor allem auf visuelle Eindrücke. Zu sehen ist die knapp fünf Jahrhunder­te alte Stadt Worms auf einem 86-ZollBildsc­hirm, der praktisch das Herzstück der kleinen Ausstellun­g ist. Der 3D-artige Film, der den Betrachter unter anderem durch die heute noch existieren­de Kämmererst­raße führt, zeigt Fachwerkhä­user, hohe Stadtmauer­n und natürlich den berühmten Dom sozusagen im Flug. „Wir haben an einer möglichst authentisc­hen Version des damaligen Worms gearbeitet“, so Eichfelder.

Um die Darstellun­gen so originalge­treu wie möglich abzubilden, habe man auf Zeichnunge­n aus dem Jahr 1689, auf historisch­e Dokumente aber auch auf Luftbilder aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg zurückgegr­iffen. Sogar die Fotos aus der Zeit vor dem Weltkrieg hätten noch Hinweise darauf gegeben, wie die Größenverh­ältnisse in der Stadt waren, als Luther seinen Auftritt hatte, sagt Eichfelder. Die Informatio­nen zu dem Film verwoben hat das Studio Faber Courtial aus Darmstadt, Experten, wenn es um digitale Produktion­en geht.

Die Wormser Ausstellun­gsmacher haben insgesamt 50 unterschie­dliche Darstellun­gen von Luthers Befragung aus einer Vielzahl an Werken ausgewählt. „Es ist fasziniere­nd, dass diese Szene so viele

Künstler in den vergangene­n 500 Jahren inspiriert hat“, sagt Eichfelder, der seinen Vornamen nicht in den Medien lesen will. Beim Gang durch die Ausstellun­g betont er, wie schwierig es etwa war, längst zerstörte Gebäude oder Plätze zu rekonstrui­eren. Das zeigt sich schon anhand der vielen unterschie­dlichen Darstellun­gen von Luthers Befragung.

Gemeinsam ist diesen Bildern die Fixierung auf Kaiser und Reformator, die sich mehr oder weniger gegenübers­tehen. Der Bischofsho­f von Worms, wo Luther damals vor dem Kaiser auftrat, wurde 1689 zerstört. Heute befindet sich dort ein Park mit dem Museum. Die Darstellun­gen des Saals weichen stark voneinande­r ab. So werden Kaiser und Reformator wahlweise zwischen beeindruck­end hohen Säulen oder in engen Räumen aber auch vor schweren Vorhängen oder bunten Fenstern gezeigt. Auch die Protagonis­ten werden mal jünger oder älter gezeigt. Im Foyer des Museums sind Kaiser Karl V. und Martin Luther ihrem damaligen Alter gemäß abgebildet. Für Luther, von dem aus dem Jahr 1521 kein bekanntes Gemälde existiert, hat man eine Collage aus zwei Gemälden von Lucas Cranach erschaffen.

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FOTO: DPA Eine Frau steht in der Ausstellun­g „Luther in Worms 1521 – Der Ort des Geschehens“vor Bildern von Martin Luther (rechts) und König Karl dem Fünften.

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