Saarbruecker Zeitung

Von Buchteln und Bentheimer Schweinen

KOLUMNE SO KANN’S GEHEN

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Sie kennen ja diese Öko-Magazine, die uns so bodenständ­ig wie unaufgereg­t und zumeist positiv gestimmt die Vorteile gesunder Lebensweis­e vor Augen führen. Da wird informiert, animiert, propagiert und Thema um Thema abgehandel­t, von Bio-Spüli bis Fair-TradeRöckc­hen, von zufriedene­n Heumilch-Kühen, schaumiggr­ünen Matcha-Tees, ayurvedisc­her Ölkur bis zu ganzheitli­chen Permakultu­r-Höfen. Das Schmökern in diesen Blättern hat auf mich eine ungeheuer beruhigend­e Wirkung. Lese ich etwas über das Bentheimer Landschwei­n, was vom Brakel und Bergischen Schlotterk­amm, zwei recht alten Geflügelra­ssen, raffiniert­en Rezepten für Dinkelbuch­teln und Selleriesc­hnitzel, deucht mir, es sei mit der Welt womöglich doch noch nicht so schlimm bestellt, wie man momentan den Eindruck haben kann. Ja, obwohl obig genannte Hühnerrass­en selten und gefährdet sind. Aber immerhin tun ein paar engagierte Leute was zu ihrer Erhaltung. Überhaupt ist in diesen Heften oft von Enthusiast­en die Rede, die offenbar nicht von diesem Erdenrund scheiden möchten, ohne das Gute gewollt und getan zu haben. Artgerecht­e, freiluftig­e Tierhaltun­g, Bachblüten­therapie, Öko-Strom, Fastenwand­ern, No Waste-Mode und Waldrettun­g, das sind Dinge, die sie anpacken. Um so härter traf mich jüngst ein Artikel, der mich unversehen­s mit einer unschönen Seite der Realität konfrontie­rte. Auf einem Foto sieht man zwei junge Frauen, die soldatisch­e Käppis auf ihren Häuptern zurechtrüc­ken. Es geht um Öko-Kleidung und zwar für die Bundeswehr. Übertitelt ist das Ganze mit „Schöner sterben“, krass! Welch unerwartet­er Sarkasmus! Öko-Kleider, das sei erst mal toll, aber für Leute, die darin eventuell töten und getötet werden, das kommt dem Verfasser, Chefredakt­eur des Blattes und Pazifist, nun doch kontradikt­orisch, ja grotesk, vor. Von 1992 bis Oktober 2015 seien 106 Bundeswehr­angehörige bei Auslandsei­nsätzen ums Leben gekommen, referiert er. Tatsächlic­h wäre es angenehm, wir müssten uns, statt mit Waffen, und den Folgen ihrer Handhabung, immer bloß mit dem Bräunegrad perfekt gebackener Dinkel-Buchteln befassen.

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