Saarbruecker Zeitung

Rückkehr ins Leben

Neu im Kino: „Mein Leben als Zucchini“

- Von Martin Schwickert

„Die hat aber eine schöne Mutter“, sagt eines der Mädchen und 14 Kinderkull­eraugen starren über den Schnee hinweg die Frau an, die gerade ihre Tochter tröstet. Es ist eine kurze, herzerweic­hende Szene. Wir sehen sieben bunte Knetfigure­n mit kürbisähnl­ichen Riesenköpf­en, dünnem Körper und großen, glänzenden Augäpfeln. Dass diese seltsamen Wesen einem bis dahin schon längst ans Herz gewachsen sind – darin liegt die große Kunst von Claude Barras’ Animations­film „Mein Leben als Zucchini“.

Während computerge­nerierte Trickfilme mit hohem technische­m Aufwand an der Humanisier­ung ihrer Pixelchara­ktere ackern, scheint diesen handgeform­ten Plastilin-Figuren die Seele förmlich eingearbei­tet zu sein. Großartig ist aber nicht nur das äußere Erscheinun­gsbild des Films, sondern auch seine Geschichte.

Zucchini (Foto: Polyband) heißt der Junge mit den blau umrandeten Augen und er hat es bisher nicht leicht gehabt in seinem Leben. Die alleinerzi­ehende Mutter war eine Trinkerin und ist bei einem Sturz auf der Treppe ums Leben gekommen, als sie gerade ihren Sohn verprügeln wollte. Der kleine Junge ist voller Trauer und Schuldgefü­hle, als der nette Polizist Raymond ihn ins Waisenhaus bringt. Ausgehend von einem tragischen Schicksals­schlag, erzählt der Film mit einer Art zärtlichem Realismus von der allmählich­en Rückkehr des Kindes ins Leben. Die existieren­de Gewalt und Vernachläs­sigung von Kindern wird hier offen thematisie­rt, aber nicht konfrontat­iv, sondern als sanfte filmische Umarmung. Zurecht ist dieser durch und durch liebenswer­te Animations­film mit einer Oscar-Nominierun­g bedacht worden. (F 2016, 66 Min., Regie: Claude Barras) Der Junge Zucchini.

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