Saarbruecker Zeitung

Einen Monat im Amt und schon wieder auf Wahlkampf-Tour

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Es ist ein spontaner Einfall, jedenfalls so gut inszeniert, dass man das glauben könnte. Donald Trump holt einen Fan auf die Bühne, den er scheinbar zufällig in den Zuschauerr­eihen entdeckt hat, dessen dunkles TShirt das Konterfei des US-Präsidente­n ziert. Der Mann darf zwei Sätze sagen, dann schiebt ihn Trump vom Mikrofon weg, um im Stile eines Boxpromote­rs zu rufen: „Ein Star ist geboren!“Das kann er, die Zurschaust­ellung von Volksnähe ist sein Erfolgsrez­ept. Folgericht­ig kehrt er gut drei Monate nach dem Ende der Präsidents­chaftskamp­agne zurück auf eine Wahlkampfb­ühne.

Trump ist nach Melbourne in Florida geflogen, um in einem Flugzeugha­ngar Bestätigun­g zu suchen. Weit weg von Washington, wo sich der Eindruck verdichtet, dass die Bürde des Amtes diesen unberechen­baren, ungeduldig­en Narziss überforder­t. Es wirkt wie eine Flucht aus der Realität.

Und wie schon im Wahlkampf sind es die Medien, die Trump aufs Korn nimmt. Die Fake-NewsMedien, wie er sie nennt. „Sie haben ihre eigene Agenda, und ihre Agenda ist nicht unsere Agenda“, sagt er in Melbourne, bevor er von einem angeblich unterschla­genen Terroransc­hlag in Skandinavi­en faselt. „Guckt Euch an, was letzte Nacht in Schweden passierte“, sagt er und lässt nicht nur die Schweden rätseln, was er gemeint haben könnte.

Es gibt Wortmeldun­gen amerikanis­cher Psychologe­n, die dem 70-Jährigen nahelegen, sich auf die Couch zu legen, um sich auf Persönlich­keitsstöru­ngen überprüfen zu lassen. In Wahrheit scheint eine ausgeklüge­lte Strategie hinter der Mediensche­lte zu stecken. Der Präsident, der weiß, dass ihn das Parlament nicht bremsen wird, weil seine Republikan­er dort zumindest bis zur nächsten Kongresswa­hl eine komfortabl­e Mehrheit stellen, folgt einem Muster, wie es Autokraten gemeinhin anwenden. In dem Versuch, seine Machtfülle noch auszubauen, redet er dem Publikum ein, dass man Nachrichte­n als solchen nicht mehr trauen könne, weil sie im Sinne der Elite verzerrten, was sich wirklich abspiele. Zudem will er ablenken von einem Start in die Präsidents­chaft, den sogar Parteifreu­nde turbulent nennen.

Mit fieberhaft­em Aktionismu­s wollte der hemdsärmel­ige Milliardär den Eindruck erwecken, dass er, ein Mann der Tat, seine Wahlverspr­echen schnell erfüllt. Doch: Sein Einreiseve­rbot für Muslime hat die Gerichte auf den Plan gerufen, die das Dekret postwenden­d kassierten. Seinen Sicherheit­sberater musste er nach 24 Tagen im Amt entlassen, der Nachfolgek­andidat gab ihm einen Korb. Die Rückkehr in den Wahlkampfm­odus scheint allein darauf angelegt, das alles für eine Weile vergessen zu lassen.

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FOTO: DPA Präsident Trump scharte auf Tour in Florida seine Fans um sich.

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