Saarbruecker Zeitung

Keine Spur von Sicherheit

LEITARTIKE­L

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Ach, was waren das noch für einfache Zeiten, als die Welt in zwei Blöcke aufgeteilt war. Damals warfen sich Amerikaner und Russen und ihre Verbündete­n auf der „Münchner Sicherheit­skonferenz“, damals noch „Wehrkundet­agung“genannt, gegenseiti­g vor, Böses im Schilde zu führen, und das war’s. Heute ist alles aus den Fugen geraten – auch die Sicherheit­skonferenz: immer mehr Teilnehmer, immer mehr Polizei, immer mehr Konflikte, immer mehr Desinforma­tion. Desinforma­tion wird heute „Fake News“genannt. Gemeint ist das gleiche: Obwohl die Medien immer mehr Informatio­nen in immer kürzerer Zeit transporti­eren, schwindet die Klarheit. Regierunge­n und Autokraten machen sich die Welt, wie sie ihnen gefällt. Wenn sich der iranische Außenminis­ter hinstellt und sein Land geradezu als Hort der Stabilität und des Friedens preist, wenn Russlands Außenminis­ter jeden Vorwurf der Einmischun­g in die Politik anderer Länder zurückweis­t und wenn Iraks Regierungs­chef so tut, als hätte man das Land so gut wie unter Kontrolle, dann hat es eigentlich gar keinen Sinn mehr zu diskutiere­n.

Unter solchen Umständen wäre für die westlich orientiert­e demokratis­che Welt ein fester Untergrund unverzicht­bar. Doch dieser Teil der Welt destabilis­iert sich geradezu mit Wonne selbst: in Europa durch populistis­che und nationalis­tische Strömungen. Und in den USA regiert – oder sollte man sagen wütet? – Donald Trump im Weißen Haus.

Während sich Vizepräsid­ent, Verteidigu­ngs- und Heimatschu­tzminister in München um Beruhigung der Verbündete­n und um klare Ansagen bemühten, zog ihr Chef in Washington vor Journalist­en eine Show ab, die weniger amüsierte als erschreckt­e. Ein solcher Haudrauf-Präsident und die komplizier­ten Konflikte der Welt – kann das gut gehen? Die Unberechen­barkeit Trumps hat sich auch nach seinem Amtsantrit­t nicht entschärft. Das relativier­te die im Grunde klaren Botschafte­n seiner Emissäre in München. Klar, aber nicht unbedingt intelligen­t. Das Credo der TrumpRegie­rung ist simpel und rückwärtsg­ewandt: Frieden durch Stärke, wobei unter Stärke ausschließ­lich die militärisc­he gesehen wird.

Noch törichter ist es freilich, dass die Europäer doppelt so viel Geld für die Rüstung ausgeben als Russland und über viel mehr Soldaten als die USA verfügen, aber mangels Kooperatio­n nur einen Bruchteil ihrer Fähigkeite­n erreichen. Noch vor Kurzem hieß es, man habe kein Erkenntnis-, sondern nur ein Umsetzungs­problem, was die internatio­nale Sicherheit angeht. Jetzt ist es offenbar auch um die Erkenntnis geschehen, hört man dem republikan­ischen US-Senator Lindsey Graham zu, der 2017 zum Jahr erklärte, „in dem wir Russland mal so richtig in den Hintern treten“.

Kein Konflikt der Welt ist gelöst, etliche haben sich verschärft, neue drohen, und der Terrorismu­s ist noch längst nicht besiegt. Das ist das ernüchtern­de Fazit der Münchener Unsicherhe­itskonfere­nz des Jahres 2017.

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