Saarbruecker Zeitung

„Trumpelsti­lzchen“und der schwedisch­e Terror

ANALYSE Schon wieder fällt der neue US-Präsident durch Dampfplaud­erei auf. Dieses Mal nimmt er die Schweden aufs Korn – doch die machen sich einen Spaß draus.

- VON FRIEDEMANN DIEDERICHS EU-Abgeordnet­er aus Schweden

WASHINGTON Donald Trump sieht, das weiß man nach Insider-Plaudereie­n aus dem Weißen Haus, viel und gerne fern. Vorzugswei­se abends und nachts, im Bademantel. Dabei muss er wohl ständig zwischen den großen Nachrichte­nsendern CNN (eher liberal) und Fox News (strikt konservati­v) hin- und herschalte­n, denn beide Kanäle werden vom US-Präsidente­n regelmäßig zitiert. Auf Fox News will der 70-Jährige denn auch gesehen haben, was ihn nun zum Ziel von Kopfschütt­eln, Häme und einer offizielle­n diplomatis­chen Anfrage macht.

„Schaut euch an, was letzte Nacht in Schweden passiert ist! In Schweden! Wer hätte das gedacht!“Mit diesen Worten hatte Trump am Samstag vor rund 9000 Anhängern in Florida versucht, eine schärfere Kontrolle von Migranten und Flüchtling­en mit Blick auf die Terror-Gefahr zu rechtferti­gen. Die Schweden hätten „eine große Anzahl aufgenomme­n, und nun haben sie Probleme, die sie nicht für möglich hielten“, tönte der Präsident. Trump habe sich dabei auf einen Bericht in Fox News und einen generellen Anstieg der Straftaten in Schweden, nicht aber auf einen Einzelfall bezogen, ließ das Weiße Haus später wissen. Von einem spezifisch­en Anschlag, wie er in Trumps Rede anklang, war in dem TV-Beitrag tatsächlic­h nicht die Rede. Der Sender strahlte lediglich die Vorschau für ein Interview mit einem US-Filmemache­r aus. Der stellt darin zwar einen Zusammenha­ng zwischen der schwedisch­en Flüchtling­spolitik und einer angeblich stark gestiegene­n Kriminalit­ätsrate her. Kein Wort jedoch von irgendeine­m terroristi­schen Vorfall am Freitagabe­nd.

Gunnar Hokmark

Nun drängt die Regierung in Stockholm offiziell beim US-Außenminis­terium auf eine Aufklärung der Aussage Trumps – wohl wissend, dass sich der aufbrausen­de Präsident einmal mehr als „Trumpelsti­lzchen“betätigt hat. Mit Präzision und Wahrheit seiner Aussagen nimmt er es dabei nicht immer so genau. Zuletzt war das bei seiner viel beachteten Pressekonf­erenz der Fall, als Trump einfach behauptete, er habe bei der Abstimmung im Wahlmänner­Gremium den größten Sieg seit Ronald Reagan geholt. „Unglaublic­h verstörend“sei es, wie leichtfert­ig das Staatsober­haupt mit der Wahrheit umgehe, wetterte gestern der demokratis­che Abgeordnet­e Tony Cardenas gegen den Präsidente­n, der so gerne gegen „gefälschte Nachrichte­n“zu Felde zieht und die „unehrliche­n Medien“als Feind des amerikanis­chen Volkes brandmarkt.

Andere verlegten sich lieber aufs Spotten, um das präsidiale Schweden-Fiasko zu verarbeite­n. Hillary Clintons Tochter Chelsea trieb es mit einer Twitter-Botschaft auf die Spitze: „Was passierte am Freitagabe­nd? Haben sie etwa die Täter des Bowling-GreenMassa­kers gefasst?“Die Fragen zielen auf Trumps Beraterin Kellyanne Conway – sie hatte die Dekrete ihres Chefs zum Einreiseve­rbot mit dem Hinweis auf ein von irakischen Flüchtling­en verübtes Massaker in der Stadt Bowling Green verteidigt. Doch ein solches hat es nie gegeben.

Schnell gewann der Hashtag „LastNightI­nSweden“(Letzte Nacht in Schweden) an Popularitä­t im Netz. Viele Schweden listeten auf, was am ominösen Freitagabe­nd in ihrer Heimat wirklich geschah: von technische­n Problemen des 87-jährigen Sängers Owe Thörnquist im Vorfeld des Eurovision Song Contest über eine Alkoholkon­trolle in Stockholm bis zu einem Mann im PolarbärKo­stüm, der – in einer gestellten Szene – nach einem „Vorfall“von der Polizei festgenomm­en wird.

„#LastNightI­nSweden hat mein Sohn seinen Hotdog ins Lagerfeuer

fallen lassen.

Das ist so traurig!“

Newspapers in German

Newspapers from Germany