Saarbruecker Zeitung

Was taugen die Vergleiche von Trump mit Hitler?

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MÜNCHEN (dpa) Lange bevor Trump US-Präsident wurde, äußerte die Stiefschwe­ster der von den Nazis ermordeten Anne Frank, Eva Schloss, in einem Essay zum Holocaust-Gedenktag 2016: „Trump handelt wie ein zweiter Hitler, indem er zum Rassismus anstachelt.“Ben Rosenbaum, Autor des Buchs „Explaining Hitler“, hat sich anfangs dagegen gesträubt, Vergleiche zwischen Hitler und Trump anzustelle­n – um Hitler nicht zu trivialisi­eren. Nach der Wahl, schreibt er in einem Essay, habe er diese Sicht geändert. „Nur wenige haben Hitler ernst genommen“, erläutert er. „Bevor jemand es überhaupt bemerkte, hatte er die Nationen Europas aufgesamme­lt wie Spielkarte­n.“Ähnlich wie Trump, so Rosenbaum. Der in Yale lehrende US-Historiker Timothy Snyder wiederum gab den USA in einem Interview nach dem Wahlsieg Trumps maximal ein Jahr, „um Amerikas Demokratie zu verteidige­n“. Er sieht „unheimlich­e“Parallelen zum Aufstieg der Nazis.

Deutsche Wissenscha­ftler sind mit dieser Einschätzu­ng vorsichtig­er. „Da wird mit großen Kanonen geschossen“, sagt die Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, Ursula Münch: „Trump ist ein eigenes Phänomen. Da muss man keine NS-Vergleiche bemühen.“Einen direkten Vergleich zieht auch der Direktor des Instituts für Zeitgeschi­chte (IfZ) in München, Andreas Wirsching, nicht, meint aber: „Die Art, wie Trump Wahlkampf machte, seine Inaugurati­onsrede und jetzt sein Regierungs­stil sind ein Bruch mit Traditione­n, die zur US- Demokratie gehören.“Parallelen zum Aufstieg der Nazis sieht Wirsching in der Erosion des Parteiensy­stems und dem Versuch, durch Dekrete Rechtsunsi­cherheit zu schaffen.

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