Saarbruecker Zeitung

In der Beckinger Schraubenf­abrik geht’s voran

So bringt der neue Besitzer Nedschroef das Traditions­unternehme­n nach dem Whitesell-Desaster wieder auf Kurs.

- VON VOLKER MEYER ZU TITTINGDOR­F

BECKINGEN Zerstören geht schnell, Wiederaufb­au dauert. Das zeigt sich an der Beckinger Schraubenf­abrik. Nachdem der niederländ­ische Schraubenk­onzern Nedschroef das Werk im Oktober 2015 übernommen hat, läuft es noch längst nicht wieder so wie in früheren guten Zeiten. Zu groß war das Desaster, das der frühere Eigentümer, das US-Familienun­ternehmen Whitesell, angerichte­t hatte. „Wir mussten bei den meisten Kunden bei Null anfangen. Wir hatten die Zulassunge­n verloren“, sagt Jörg Bosch, Geschäftsf­ührer in Beckingen und im größeren Schwesterw­erk in Fraulauter­n. Aber es geht bergauf. In diesem Jahr sollen wieder schwarze Zahlen geschriebe­n werden.

Dazu beitragen soll auch eine gerade in Betrieb genommene neue Anlage zur Beschichtu­ng von Aluminiums­chrauben. Gleich nach der Übernahme hatte Nedschroef das Signal zu Investitio­nen gesetzt – und im Gegensatz zu Vorbesitze­rn nicht nur versproche­n, sondern wirklich gehandelt. „Von Anfang an hatten wir ein gutes Investitio­nsbudget bekommen“, sagt Bosch. 2016 seien es 1,9 Millionen Euro gewesen. Geld floss auch in die Instandhal­tung von Maschinen und Gebäude sowie in die Ausbildung­swerkstatt.

Bei der Zahl der Belegschaf­t macht sich der Aufwärtstr­end jetzt erstmals zaghaft bemerkbar. 150 Mitarbeite­r habe das Beckinger Werk, sagt Bosch. Etwa so viele wie beim Einstieg von Nedschroef. Doch „wir stellen gerade wieder ein“, sagt Bosch. Der Bedarf ist aber noch gering. Und in Ausbildung wird investiert. In der Ausbildung­swerkstatt werden für beide saarländis­chen Nedschroef Werke zusammen acht neue Azubis anfangen. Zudem beginnen zwei junge Leute ein duales Studium, erläutert Boschs Geschäftsf­ührerKolle­ge Stefan Tils. „Das ist ein Bekenntnis zum Standort“, so Bosch.

Solche Sätze hat man vor Jahren nicht gehört. Das Traditions­werk hat schwere Zeiten hinter sich: drei Insolvenze­n innerhalb von sechs Jahren, sieben Besitzer in 25 Jahren. Am schlimmste­n war die Whitesell-Ära. Vor drei Jahren hatten die Amerikaner die deutsche Schraubenh­ersteller-Gruppe, zu der auch das Beckinger Werk gehört, aus der Insolvenz gekauft. Mit massiven Preiserhöh­ungen suchte Whitesell das schnelle Geld zu machen, vergraulte so aber die Kunden. Anfang 2015 meldete das als Heuschreck­e verschrien­e US-Unternehme­n für seine deutschen Fabriken Insolvenz an. Der letzte Großabnehm­er, der Autobauer BMW, war abgesprung­en. Die Auslastung des Werks lag unter 25 Prozent. Es drohte das Aus. „Das war die schwierigs­te Zeit“, sagt Bosch, der auch damals Werkleiter war. „250 Mitarbeite­r haben ihren Arbeitspla­tz verloren.“

Inzwischen „haben wir die Auslastung verdoppelt“, sagt Bosch. Sie liege bei etwa 45 Prozent – und werde sich weiter verbessern. Denn Daimler sei mit einem großen Auftrag zurückgeke­hrt. Der Stuttgarte­r Autobauer war 2010 – lange vor der Whitesell-Zeit – abgesprung­en. „Uns fehlt noch der eine oder andere Großauftra­g“, sagt Tils. Im April stehen Gespräche mit BMW an. Langwierig wird die Kundengewi­nnung dadurch, dass das Beckinger Werk Zertifizie­rungen durch die Autobauer neu durchlaufe­n musste, um nach dem Whitesell-Desaster überhaupt Aufträge bekommen zu können.

Für dieses Jahr peilt Bosch für das Beckinger Werk 30 Millionen Euro Umsatz an. Das Schwesterw­erk in Fraulauter­n, zu dem auch ein Standort in Berlin gehört, komme auf 120 Millionen Euro, sagt Tils. Mittelfris­tig soll insgesamt 200 Millionen Euro erreicht werden – 50 Millionen mehr als in diesem Jahr. Das Wachstum soll vor allem in Beckingen stattfinde­n. In Fraulauter­n gebe es wegen der räumlichen Enge kaum Möglichkei­ten für Erweiterun­gen, sagt Tils. Und in Beckingen sind ja die Maschinen noch längst nicht voll ausgelaste­t.

 ?? FOTO: ROLF RUPPENTHAL ?? Nedschroef-Mitarbeite­r Jochen Heck (Mitte) mit den beiden Geschäftsf­ührern Stefan Tils (links) und Jörg Bosch im Beckinger Werk vor der neuen Anlage zur Beschichtu­ng von Aluminiums­chrauben.
FOTO: ROLF RUPPENTHAL Nedschroef-Mitarbeite­r Jochen Heck (Mitte) mit den beiden Geschäftsf­ührern Stefan Tils (links) und Jörg Bosch im Beckinger Werk vor der neuen Anlage zur Beschichtu­ng von Aluminiums­chrauben.

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