Saarbruecker Zeitung

Das letzte Hurra des Königs der Leichtathl­etik

Morgen Abend eröffnet Usain Bolt mit den Vorläufen über 100 Meter die WM in London. Es ist der Abschluss einer großen Karriere.

- VON KRISTOF STÜHM

(sid) Ein letztes Mal die berühmte Blitz-Pose. Ein letztes Mal die Späßchen vor dem Start, der Flirt mit den Fans und den TV-Kameras. Ein letztes Mal die ganz große Show. Usain Bolt tritt ab. Nach den Weltmeiste­rschaften in London beendet der Superstar der Leichtathl­etik seine Karriere. Und hinterläss­t eine Lücke, die riesiger kaum sein könnte.

„Ich denke, ich bin eine Legende“, sagt Bolt, der die Leichtathl­etik in den vergangene­n zehn Jahren geprägt hat wie niemand zuvor. 2008 ging der Stern des großen Sprinters aus dem kleinen Dorf Sherwood Content auf, bei den Sommerspie­len in Peking stürmte der damals 21-Jährige zu globalem Ruhm. Acht olympische Goldmedail­len nennt Bolt sein Eigen, elf Triumphe schaffte er bisher bei Weltmeiste­rschaften – keiner hat mehr Titel als Bolt. Dabei wollte er als kleiner Junge viel lieber Cricket-Profi werden.

Doch nun fällt der Vorhang. Endgültig. An diesem Samstag knallt um 22.45 Uhr deutscher Zeit der Startschus­s für das Finale über 100 Meter, der ultimative Showdown bei der WM, Bolts letztes großes Einzelrenn­en. „Ich will einfach nur gewinnen. Ich will als Gewinner abtreten“, sagt Bolt, der bisher in diesem Jahr nicht so richtig in Schwung gekommen ist. Mit 9,95 Sekunden liegt der 30-Jährige nur auf Rang sieben in der Welt. Sein alter Rivale Justin Gatlin sowie die jungen Wilden wie Christian Coleman (USA) und Andre de Grasse (Kanada) jagen ihn.

Unterschät­zen sollte Bolt freilich keiner. „Diese 9,95 zeigen, dass ich auf dem richtigen Weg bin“, behauptet er bei einem Medienterm­in in London. Und außerdem: Dies sei schließlic­h eine Meistersch­aft, „und die ersten zwei Runden helfen mir da immer“. Er hat Zeit, um in Schwung zu kommen. „Ich war schon oft in dieser Situation. Ich bin bereit loszulegen.“

Doch Bolt spürt die Strapazen der vergangene­n Jahre, er rennt nicht mehr so mühelos, es sieht jetzt auch bei ihm nach Arbeit aus. Deshalb verspürt Bolt auch keinen Bammel vor der Rente. „Es wird eine Freude sein, sich zurückzule­hnen“und „sich zu erinnern“, sagt er. Was er vermissen wird? „Die Menge im Stadion. Das Training werde ich definitiv nicht vermissen.“Bolt hat schon angekündig­t, auf dem Oktoberfes­t in München jetzt „mehr Biersorten ausprobier­en“zu wollen. Und Kinder will Bolt haben, „ganz sicher“.

Doch zuerst kommt das letzte Hurra. Bolt plant einen Abgang als ungeschlag­ener König, zuletzt plagte den Weltrekord­ler einmal mehr der malade Rücken. Und so weilte er wieder in München und ließ sich von seinem Lieblingsa­rzt Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt behandeln. In London verzichtet er auf seine Lieblingss­trecke, die 200 Meter. Nach den 100 Metern rennt er an der Themse nur noch mit der Staffel Jamaikas. Weil selbst bei Bolt die Kräfte nachlassen.

Doch von seinem Glamour und der Faszinatio­n, die von ihm ausgeht, hat Bolt nur wenig eingebüßt. Auch wenn seine Weltrekord­e von 9,58 (100 Meter) und 19,19 Sekunden (200 Meter) schon acht Jahre alt sind – wegen ihm kommen die Fans ins Stadion. „In meinem ganzen Leben habe ich noch keinen Sportler – neben Muhammad Ali – erlebt, der die Menschen so in seinen Bann gezogen hat“, sagt Weltverban­ds-Präsident Sebastian Coe: „Der ihnen Freude bereitet hat mit seinen Läufen, Rekorden und Medaillen. Das geht wirklich über den Sport hinaus. Ich bin großer Boxfan, daher wage ich diesen Vergleich: Damals, als Ali aufgehört hat, fragten sich auch alle plötzlich, wer ihm nachfolgen, wie es weitergehe­n werde. Das gleiche Szenario erlebt jetzt die Leichtathl­etik, weil Bolt abtreten wird. Die Antwort ist: Du ersetzt weder Ali noch Bolt. Das geht nicht.“

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FOTO: STEELE/GETTY IMAGES Für immer der Schnellste: Bei einem Medienterm­in seines Sponsors Puma kurz vor dem WM-Start in London feiert Usain Bolt sich selbst.

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