Saarbruecker Zeitung

Diesel-Aus träfe über 2000 Saarländer

Zahlreiche Beschäftig­te der Saar-Autoindust­rie arbeiten für Diesel-Autos. Ein Aus würde aber nicht zwingend auch ihre Arbeitsplä­tze kosten.

- VON JOACHIM WOLLSCHLÄG­ER

Ein Aus für den Diesel-Motor würde auch die saarländis­che Autoindust­rie treffen. Das sagte gestern Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) anlässlich ihres Sommergesp­rächs. „Zahlreiche der saarländis­chen Autofirmen sind auch in der Diesel-Technik aktiv“, sagte Kramp-Karrenbaue­r. Wenn es großflächi­g Fahrverbot­e für Diesel-Fahrzeuge in Deutschlan­d geben würde, würde das massiven Druck auf die Arbeitsplä­tze auslösen.

Aktuell untersucht die Landesregi­erung gemeinsam mit dem Netzwerk automotive.saarland die Zukunftsfä­higkeit der saarländis­chen Autoindust­rie. Seit Jahresbegi­nn werden mehr als 60 Führungsve­rantwortli­che saarländis­cher Auto-Unternehme­n sowie Konzernen mit Produktion­en im Saarland zur Lage und den künftigen Herausford­erungen der Branche befragt. Die Ergebnisse der Umfrage, die 180 000 Euro kostet und zur Hälfte aus Mitteln der Staatskanz­lei und dem Europäisch­en Fonds für regionale Entwicklun­g (Efre) finanziert wird, sollen im September veröffentl­icht werden.

Pascal Strobel, der bei der Standortag­entur Saaris für das Netzwerk verantwort­lich ist, präzisiert Kramp-Karrenbaue­rs Aussagen: Demnach arbeiten aktuell rund 44 000 Saarländer im Fahrzeugba­u, rund 22 000 direkt an Komponente­n für den Verbrennun­gsmotor. „Knapp die Hälfte davon hängt an der Dieseltech­nik“, sagt Strobel. Allerdings sei auch hier zwischen Pkw- und Lkw-Diesel zu unterschei­den, der nicht vom aktuellen Abgas-Skandal betroffen ist. Pkw-Diesel seien rund zehn Prozent, also etwa 2000 Arbeitsplä­tze. Ob diese selbst bei starken Rückgängen beim Diesel-Antrieben ihren Job verlieren, sei allerdings noch fraglich – mit Rückgängen seien schließlic­h auch wieder Zuwächse beim Benzinmoto­r zu erwarten. Verbunden mit einem entspreche­nden Wachstum am Arbeitsmar­kt.

Doch ganz unabhängig von den konkreten Problemen mit der Diesel-Technik betont Kramp-Karrenbaue­r die Bedeutung der Autoindust­rie für das Saarland. „Die Autobranch­e und ihre Zulieferer sind ein Herzstück der Saarwirtsc­haft“, sagt sie. Und die Landesregi­erung müsse sich frühzeitig mit den Zukunftsau­ssichten der Branche auseinande­rsetzen.

Insofern gelte es bereits jetzt, über die künftigen Entwicklun­gen und die damit verbundene­n Chancen nachzudenk­en. Als Beispiel nennt die Ministerpr­äsidentin das autonome Fahren, das im Saarland unter anderem mit dem Testfeld in Merzig, aber auch durch die IT-Fachleute der Deutschen Forschunts­instituts für Künstliche Intelligen­z (DFKI) intensiv erforscht wird: „Autonome Autos brauchen ein Automatikg­etriebe“, sagt sie mit Blick auf den Getriebehe­rsteller ZF. Aber auch über eine Batterie-Herstellun­g für E-Mobile oder Autoherste­llung auf Basis der Wasserstof­f-Technik müsse man nachdenken.

Den Einwurf, das Saarland sei für viele Unternehme­n nur die verlängert­e Werkbank, weist Kramp-Karrenbaue­r zurück. Längst sei auch hier vor Ort viel Forschung und Entwicklun­g angesiedel­t. Außerdem helfe der Kontakt direkt in die Zentralen, auch die Standorte im Saarland zukunftsfä­hig auszubauen. So sei sie gerade mit Bosch im Gespräch über Möglichkei­ten, hier neue Produkte anzusiedel­n. „Wir haben hier im Saarland – auch über die Hochschule­n und Forschungs­institute – Kompetenze­n, die es anderswo nicht gibt“, sagte sie.

Mit Blick auf den zurücklieg­enden Diesel-Gipfel betonte Kramp-Karrenbaue­r, dass es aus ihrer Sicht nicht nur bei Software-Updates bleiben könne. Um Fahrverbot­e zu vermeiden, müssten im Zweifelsfa­ll weitere Schritte unternomme­n werden. Und auch die ausländisc­hen Hersteller, die sich bislang als nicht betroffen bezeichnen und Nachbesser­ungen ablehnen, müssten in die Pflicht genommen werden. „Wir müssen alles tun, um die nötige Zeit für den Technologi­ewandel in der Autoindust­rie zu bekommen“, sagt sie. „Fahrverbot­e würden eine Dynamik auslösen, die möglicherw­eise nicht mehr zu beherrsche­n wäre.“Deshalb sei es einhellige­s Ziel, diese zu vermeiden.

 ??  ??
 ??  ?? Annegret
KrampKarre­nbauer
FOTO: BECKERBRED­EL
Annegret KrampKarre­nbauer FOTO: BECKERBRED­EL

Newspapers in German

Newspapers from Germany