Saarbruecker Zeitung

Höchststra­fe für Mord an Studentin Eine junge Frau wird brutal vergewalti­gt und getötet. Der Täter nimmt das Urteil teilnahmsl­os entgegen.

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VON DÖRTHE HEIN

DESSAU-ROSSLAU

(dpa) Sie wollte nur hilfsberei­t sein und vertraute einer jungen Frau im falschen Moment. Die chinesisch­e Studentin wurde so zum Opfer eines brutalen Vergewalti­gers und Mörders. „Sie musste ihr Leben lassen, weil die Angeklagte­n ihre sexuellen Fantasien ausleben wollten“, betont die Vorsitzend­e Richterin Uda Schmidt am Freitag in ihrer Urteilsbeg­ründung am Landgerich­t Dessau-Roßlau.

Die Strafe für einen 21-Jährigen: lebenslang­e Haft wegen Vergewalti­gung und Mordes. Die Richterin stellt die besondere Schwere der Schuld fest. Ebenfalls auf der Anklageban­k sitzt die Ex-Partnerin des Mannes. Sie wird wegen sexueller Nötigung in besonders schwerem Fall zu einer Jugendstra­fe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Eine Beteiligun­g am Mord kann ihr nicht nachgewies­en werden. Im vollen Gerichtssa­al in Sachsen-Anhalt sorgt das für missmutige­s Raunen im Publikum.

Aus Sicht des Gerichts hat die 21-Jährige die brutalen Taten erst ermöglicht: Eine Überwachun­gskamera zeigt, wie sie die 25-jährige Chinesin – die gerade von einer Joggingrun­de zurückkehr­t – stark gestikulie­rend anspricht. Sie bittet die kaum Deutsch sprechende Frau am Abend des 11. Mai 2016 um Hilfe. Kartons müssten getragen werden.

Wenig entfernt wartet schon der Angeklagte und packt das Opfer, zerrt es in eine leerstehen­de Wohnung. „Sie hatte keine Chance gegen den ihr deutlich körperlich überlegene­n Mann“, stellt die Richterin fest. Der Angeklagte ist 1,95 Meter groß und mehr als 100 Kilogramm schwer, die Chinesin war klein und zierlich.

Laut Schmidt trug der Mann schon länger die Fantasien von einem „Dreier“mit sich herum – den Entschluss zur Tat fassten die beiden Deutschen laut dem Gericht gemeinsam.

In der Wohnung missbrauch­t der Mann die Chinesin mehrfach auf verschiede­ne Weise. Nach Überzeugun­g des Gerichts ist seine Partnerin dabei, es kommt auch kurz zum Kontakt zwischen den beiden Frauen. Als die Vergewalti­gungen ein Ende haben, hat die Chinesin nach Überzeugun­g des Gerichts noch keine schweren blutigen Verletzung­en. In der Annahme, die Architektu­rstudentin werde das Haus nun verlassen, geht die junge Frau zu ihren beiden Kindern in der darüberlie­genden Wohnung.

Der Angeklagte hat nach Überzeugun­g des Gerichts schon einen Plan: „Er wollte sie töten, das war seine Absicht“, sagt Schmidt. Er habe gewollt, dass die Vergewalti­gung nicht entdeckt wird. Er würgt sein Opfer minutenlan­g. Er hält den Kopf in einen Wassereime­r und versucht, die Frau zu ertränken. Er schlägt ihren Kopf mit erhebliche­r Wucht auf den Boden. Von all dem zeugen laut Gericht die massiven Verletzung­en, die die Leiche aufwies. Die Ermittler fanden Blutspritz­er bis zur Deckenhöhe von 3,20 Meter.

Es folgte eine Reinigungs­aktion – für die Ermittler blieben aber ausreichen­d Spuren. Aber auch da wusste die Angeklagte noch nicht, was passiert war. Das hatte die junge Frau ausgesagt – das Gericht sah dies als glaubhaft an, wie Richterin Schmidt sagt. Der Angeklagte hingegen hat an mehr als 30 Verhandlun­gstagen nichts zur Aufklärung des Falles beigetrage­n. Dem Gericht blieben Spuren am Tatort, Verletzung­en an der Leiche, Auswertung­en von Handys und Chats.

In einer Mülltonne habe der Angeklagte den geschunden­en Körper schließlic­h aus dem Haus gebracht und unter einer Konifere neben einer mobilen Toilette abgelegt. „Wir haben es hier mit einem unfassbare­n Verbrechen zu tun“, fasst die Richterin zusammen.

Beide Angeklagte­n, die das Urteil ohne Regung aufnehmen, werden zudem zu einer Schmerzens­geldzahlun­g in Höhe von insgesamt 60 000 Euro verurteilt. Die Eltern der chinesisch­en Studentin sind über Nebenklage­anwälte bei dem Verfahren dabei. Sven Peitzner hatte in seinem Plädoyer zu Wochenbegi­nn erst eine Nachricht von ihnen verlesen.

Ob man mit Blick auf das Urteil gegen die weibliche Angeklagte Revision einlegen werde, müsse er mit seinen Mandanten besprechen, sagt er. Ähnlich reagieren auch Vertreter von Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng.

„Sie musste ihr Leben lassen, weil die Angeklagte­n ihre sexuellen Fantasien

ausleben wollten“

Uda Schmidt

Vorsitzend­e Richterin

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FOTO: SEBASTIAN WILLNOW/DPA
Das Landgerich­t Dessau-Roßlau hat den Vergewalti­ger und Mörder einer chinesisch­en Studentin, Sebastian F., zu einer lebenslang­en Freiheitss­trafe verurteilt. FOTO: SEBASTIAN WILLNOW/DPA

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