Saarbruecker Zeitung

Die Königin trauert, das Land weniger

Máximas Vater ist gestorben. Er war Teil eines Regimes, das in Argentinie­n eine Schreckens­herrschaft führte.

- VON DIETER EBELING

AMSTERDAM (dpa) Die niederländ­ische Königin Máxima (46) trauert um ihren argentinis­chen Vater Jorge Zorreguiet­a. Er starb im Alter von 89 Jahren in Buenos Aires an Leukämie. Bei Máximas Untertanen hält sich jedoch die Trauer in Grenzen: Zorreguiet­a steht für jene Verwandtsc­haft, mit der man am liebsten möglichst wenig zu tun hätte. So ließ auch der niederländ­ische Hof wissen, König Willem-Alexander (50), Máxima sowie die Prinzessin­nen Amalia (13), Alexia (12) und Ariane (10) wollten als Privatpers­onen am Begräbnis teilnehmen. Denn offiziell war Zorreguiet­a in den Niederland­en unerwünsch­t.

Weder bei der Hochzeit von Willem-Alexander und Máxima Zorreguiet­a 2002 noch bei der Krönung von Willem-Alexander im April 2013 durfte Jorge Zorreguiet­a dabei sein. Als Staatssekr­etär für Landwirtsc­haft gehörte er von 1976 bis 1981 der Regierung von General Jorge Rafael Videla an, der sich an die Macht geputscht hatte. Vorher war Zorreguiet­a ein hoher Funktionär der Vereinigun­g der Großgrundb­esitzer, die maßgeblich an der Planung des Staatsstre­ichs mitgewirkt hatte. Von den Verbrechen und Morden des Videla-Regimes wollte Zorreguiet­a nichts mitbekomme­n haben.

„Heute ist der Tag, an dem wir mit Königin Máxima mitfühlen, die ihren Vater verloren hat – nicht der Tag, um Zorreguiet­a zu beurteilen“, formuliert­e Ministerpr­äsident Mark Rutte gestern. Gleich nachdem die aufblühend­e Liebe von Willem-Alexander und der schönen blonden Máxima bekannt geworden war, hatte das politische Vorleben des königliche­n Schwiegerv­aters für viel Aufsehen gesorgt.

Der damalige Kronprinz hatte 2001 unbeholfen versucht, Journalist­en mit einem Verweis auf einen Leserbrief in einer argentinis­chen Zeitung zu überzeugen, Zorreguiet­a habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Verfasser des Briefs war allerdings Videla. Der damalige Regierungs­chef Wim Kok berichtete später, er habe den Prinzen nächtens („Ich war wirklich sehr böse“) angerufen und eine Richtigste­llung verlangt. Wenig später sagte Máxima, neben Willem-Alexander sitzend, der künftige Ehemann habe „ein bisschen dumm“gehandelt. Kok hatte den Prinzen wissen lassen, er wolle diese Art von Klarstellu­ng haben.

Der Schwiegerv­ater durfte auf Beschluss der Regierung nicht bei offizielle­n Anlässen auftauchen – allerdings war er bei Familienfe­sten, etwa Taufen der Enkeltöcht­er, wohlgelitt­en. Dabei hielt er sich stets von Journalist­en fern.

Ein schon 2001 eingesetzt­er Sachverstä­ndiger hatte festgestel­lt, es sei „undenkbar“, dass Zorreguiet­a nicht von den Verbrechen des Videla-Regimes gewusst habe. 2001 und 2011 versuchten Angehörige von Opfern vergeblich, die niederländ­ische Justiz zur Strafverfo­lgung in Sachen Zorreguiet­a zu zwingen. „Als ich Königin Beatrix zuwinkte, winkte auch er mir zurück“, berichtete 2011 schockiert eine Niederländ­erin, deren Vater vom Videla-Regime ermordet wurde: „Es ist inakzeptab­el, dass dieser Mensch frei rumläuft.“

„Máxima verliert ihren besten Freund“, schrieb die auflagenst­ärkste niederländ­ische Tageszeitu­ng „De Telegraaf“jetzt. Mehrmals feierte die königliche Familie der Niederland­e Weihnachte­n im Familienkr­eis auf dem Landsitz La Angostura in den argentinis­chen Anden. Ende 2014 kursierten schon einmal Gerüchte, Máximas Vater sei gestorben. Die Königin trug es mit Fassung: „Ich weiß, dass es ihm ziemlich gut geht. Das ist mein schönstes Weihnachts­geschenk.“

„Máxima verliert ihren besten Freund.“

De Telegraaf Niederländ­ische Tageszeitu­ng

 ?? FOTO: PATRICK VAN KATWIJK/DPA ?? Herzliche Vater-Tochter-Beziehung: Königin Máxima begrüsst ihren Vater Jorge Zorreguiet­a beim Besuch der Universitä­t in Buenos Aires im Oktober 2016. Bei seinem Tod war Máxima an seiner Seite.
FOTO: PATRICK VAN KATWIJK/DPA Herzliche Vater-Tochter-Beziehung: Königin Máxima begrüsst ihren Vater Jorge Zorreguiet­a beim Besuch der Universitä­t in Buenos Aires im Oktober 2016. Bei seinem Tod war Máxima an seiner Seite.

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